Thalia: „Setzen voll auf das E-Book“

(c) Dapd (Jens Meyer/AP)
  • Drucken

Der Erfolg von E-Books und E-Readern in Europa stehe und falle mit dem deutschsprachigen Angebot von Amazon und Apple, sagt Thalia-Chef Pretzl. Nur jedes dritte Buch wird gleichzeitig als E-Book herausgegeben,

Wien. Während E-Books und E-Reader in den USA bereits einen guten Anteil am Geschäft der Buchhändler einnehmen, lässt die elektronische Revolution im europäischen Raum auf sich warten. „In ein bis drei Jahren“ werden elektronische Bücher und die dazugehörigen Lesegeräte auch hier ihren Durchbruch schaffen, glaubt Josef Pretzl, Österreich-Chef der Buchhandelskette Thalia. Er setze dabei einzig und allein auf den Markteintritt der „großen Player“ – Amazon und Apple – in Europa. So ist Kindle, der E-Reader von Amazon, zwar aus den USA lieferbar, in europäischen Geschäften kann man ihn aber noch nicht kaufen.

Entscheidend sei, wann Amazon und Apple ihre E-Book-Stores mit einer relevanten Anzahl deutschsprachiger Bücher bestücken. „Die Gretchenfrage ist: Wann kommen die großen Abschlüsse mit den (deutschen, Anm.) Verlagen zustande?“, sagte Pretzl. So wird nur jedes dritte Buch, das in Deutschland neu erscheint, gleichzeitig als E-Book herausgegeben, wie eine im Herbst veröffentlichte Umfrage unter 80 Verlagen ergab, die der Börsenverein des Deutschen Buchhandels durchgeführt hat.

Thalia selbst hat nach eigenen Angaben 160.000 deutschsprachige Titel in seinem E-Book-Store. „80 Prozent der Top-Titel sind als E-Book verfügbar“, sagte Pretzl über die deutschen Bücher. Ihnen stehen bei Thalia 130.000 englischsprachige Titel gegenüber. Weniger rund lief es am Anfang mit dem hauseigenen E-Reader Oyo. Kritik hagelte es vor allem deswegen, weil das Umblättern vergleichsweise lang dauerte: Die ersten Nutzer bedachten den Oyo mit Kommentaren wie „lahmer als eine Schnecke im Rückwärtsgang“ oder „wie aus der Steinzeit“. Alles behoben, sagt Pretzl. Man habe mehrere Updates zur Verfügung gestellt, das Kundenfeedback sei seither gut. „In dieser digitalen Welt haben wir gelernt, dass die Dinge Entwicklungszeiten brauchen.“

Filialgeschäft ist noch weit vor Online

„Wir setzen jedenfalls voll auf das E-Book“, sagte Pretzl. „So ein Produkt von der Pike auf entwickeln, das macht man nicht zum Spaß.“ Genaue Umsatzanteile, die Thalia mittelfristig mit E-Readern und -Books erreichen will, nennt er nicht. Das „digitale Geschäft“ solle jedoch in den eingangs geschätzten ein bis drei Jahren eine ähnliche Bedeutung erlangen wie das Online-Buchgeschäft. Das wiederum wachse „permanent dreistellig“. Allem Online-Hype zum Trotz befinden sich die Umsätze mit im Internet bestellten Büchern noch immer auf einem „deutlich niedrigeren Niveau“ als der Umsatz der 36 österreichischen Filialen. In den kommenden Jahren werde sich das Online-Geschäft in die „Dimension des stationären Geschäfts“ bewegen, glaubt Pretzl.

„Müssen Kunden emotional aufladen“

Völlig ersetzen werde der Onlinehandel die Filialen jedoch nicht. Auch Geschäftslokale würden gebraucht, weil damit andere Kundenbedürfnisse befriedigt würden als mit dem Bestellen im Internet. „Im Stationären geht es um ganz andere Werte und Motive als im Online“, sagt Pretzl. „Dort wollen die Kunden ein Einkaufserlebnis haben.“ Dies werde an einigen Thalia-Standorten nun mit neuen „Themenwelten aufgeladen“. Gemeinsam mit Reiseführern verkauft Thalia nun auch Globen, neben den Esoterik-Büchern bietet man Räucherstäbchen an.

Konkrete Umsatzanteile von Filialgeschäft, Onlinehandel und E-Books nennt das Unternehmen nicht. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2009/2010 hat Thalia Österreich jedoch einen Gesamtumsatz von 140,6 Mio. Euro erwirtschaftet. Thalia ist Marktführer in Österreich. Eine Regioplan-Studie aus dem Jahr 2009 weist dem Unternehmen einen Marktanteil von 8,3 Prozent zu. Dahinter folgen Morawa und Libro. Größter Eigentümer von Thalia ist die Parfümerie-Kette Douglas, die an der Börse notiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.