Das Ende eines „Helden“

Das Urteil gegen Gotovina ist auch ein Urteil über Zagrebs damalige Politik.

Der Spruch aus Den Haag kam wie ein Schlag in die Magengrube des nationalen kroatischen Selbstverständnisses: Ante Gotovina, der „Held des Heimatkrieges“ gegen die Serben, muss 24 Jahre ins Gefängnis – wegen Verbrechen während der Rückeroberung der Krajina 1995. Die Operation „Oluja“ beendete die serbische Kontrolle von Territorium, das völkerrechtlich Kroatien gehörte. Und sie war militärstrategische Voraussetzung für ein Ende des Krieges in Bosnien-Herzegowina.

„Oluja“ bedeutete aber auch das Ende der serbischen Besiedlung der Krajina. Offenbar war die Flucht der Serben in Belgrad vorbereitet worden. Kroatiens Führung rief die serbischen Zivilisten damals auf zu bleiben, ernst gemeint war das aber nicht.

Eine Vertreibung der serbischen Bevölkerung aus der Krajina sieht Den Haag als ein Motiv für die begangenen Verbrechen und macht dafür nicht nur Gotovina, sondern auch den verstorbenen Ex-Präsidenten Tudjman verantwortlich. Das schmerzt in Kroatien besonders, ist es doch ein Urteil über die Politik der damaligen Führung.

Nur einen Monat vor „Oluja“ wurde in Bosnien das wohl schlimmste Verbrechen der exjugoslawischen Kriege begangen – das Massaker von Srebrenica. Der Hauptverantwortliche, der bosnisch-serbische Ex-General Ratko Mladić, ist nach wie vor frei. Belgrad hat versprochen, alles zu tun, um ihn aufzuspüren – ohne Ergebnis. Nationalistische Kreise in Serbien wollen von Mladićs Auslieferung nichts wissen, werfen Den Haag vor, ein „antiserbisches Tribunal“ zu sein. Nach der Verurteilung des kroatischen Generals Gotovina können sie das wohl nicht mehr behaupten.

wieland.schneider@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2011)

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