Klagenfurt: „Figaro“ als temporeicher „toller Tag“

(c) Stadttheater Klagenfurt
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Am Stadttheater Klagenfurt zeigt Hausherr Josef Ernst Köpplinger Mozarts „Figaro“ als pralle Komödie. Das wunderbar ästhetisches Bühnenbild lädt zum Staunen ein.

Man traut seinen Augen nicht: Wenn der Vorhang sich hebt, erscheint ein wunderbar ästhetisches Bühnenbild (Johannes Leiacker), das den Geist des verwelkenden Rokoko geschickt mit Requisiten der modernen Welt kombiniert, sodass man auf den ersten Blick erkennen kann, eine Aufführung von Mozarts „Figaro“ vor sich zu haben, das ist herrlich!

Inmitten dieses geschmackvollen und abwechslungsreichen Ambientes meidet Josef Ernst Köpplinger jedoch jeden Historismus und lässt die intrikate Handlung temporeich, witzig, leichtfüßig, gelegentlich anzüglich, jedoch nie derb abrollen – „ein toller Tag“ (wie der Titel der Vorlage von Beaumarchais lautet) ist es eben, der hier abläuft, so könnte es von Mozart und Da Ponte tatsächlich gemeint gewesen sein. Und doch sind zwei Beckmessereien unvermeidlich: Dieser Produktion wäre ein italienischer Sprachcoach zu wünschen; und wenn man schon die Oper ganz „historisch informiert“ als von „Wolfgang Amadé Mozart“ verfasst ankündigt, sollte man auch wissen, dass ein Handkuss zwischen dem Kammerdiener Figaro und der Gräfin, wie er am Beginn des zweiten Aktes gezeigt wird, im Ancién Régime denkunmöglich gewesen wäre.

Es fehlt die Melancholie

Matthias Hausmann ragt als stimmlich wie darstellerisch souveräner Graf aus dem Sängerensemble hervor, seine Gattin (Christiane Kohl) überzeugt zunächst, erleidet aber ab der zweiten Arie deutliche vokale Einbrüche. Cornelia Zach gibt eine einnehmend kluge und in der Rosenarie vollends berührende Susanna, der Figaro von Pavel Kudinov erklingt in viril slawischem Timbre, jedoch manchmal etwas gleichförmig. Neben dem Grafen zu Recht mit dem meisten Applaus bedacht der jugendlich stürmische Cherubino (Krisztina Szabó), ein berührendes Kabinettstück die f-Moll-Arie der nur scheinbar unschuldigen Barbarina (Barbara Pöltl) am Beginn des vierten Aktes (gottlob ohne die beiden Marcellina- und Basilio-Arien.)

Peter Marschik gelingt am Pult seines gelöst aufspielenden Kärntner Sinfonieorchesters eine differenzierte, duftige, klangschöne und vitale Interpretation der an Nuancen so überreichen Partitur, die abendschwere Melancholie und die weit schwingenden Bögen des Mozart'schen Melos bleiben aber meist unterbelichtet – auch aus dem Orchester tönt die quirlige Komödie überzeugender als die innige Versenkung in schattige seelische Tiefen. hasl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2011)

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