Pekinger Eigentore

(c) AP (Andy Wong)
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Das harte Vorgehen gegen Regimekritiker ist selbstschädigend und töricht.

Glosse

Die neuen Champions im politischen Eigentorschießen sitzen in Peking. Welche Gruppe von Scharfmachern im innersten Machtzirkel in Peking es auch immer war, die angesichts der äußeren und inneren Umbrüche auf Härte im Vorgehen gegen Regimekritiker drängt, sie hat der Regierung und dem Land einen Bärendienst erwiesen.

Der Künstler Ai Weiwei ist nach Friedens-Nobelpreisträger Liu Xiabao der zweite Regimekritiker, den die Machthaber zum weltweit respektierten Märtyrer machen. Es wird wohl keinen Besuch chinesischer Repräsentanten im Ausland (außer natürlich in einem der üblichen verdächtigen Staaten) mehr geben, in dem sie nicht mit den Namen Liu und Ai konfrontiert werden. Und die beiden stehen für eine Vielzahl weiterer Chinesen, die nichts anders tun, als frei zu denken. Die Vorwürfe – wie jetzt gegen Ai Weiwei wegen angeblicher Steuerhinterziehung – riechen geradezu streng nach konstruierter Rache.

Gut, Chinas Machthaber mögen wegen der Unruhen in der arabischen Welt und des bevorstehenden Stabwechsels in der Führung nervös sein. Aber bisher hat man nicht unbedingt annehmen können, dass sie auch töricht sind. Sie sind es – siehe die jüngste Eigentorserie.

burkhard.bischof@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2011)

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