G8: Ein Tag für die drängenden Themen der Weltpolitik

(c) AP (Philippe Wojazer)
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Der internationale Terrorismus und der Krieg in Afghanistan standen auf dem Programm, auch drängende Themen wie die Atomkatastrophe von Fukushima und die Unruhen in der arabischen Welt.

Deauville/Paris. Militärs auf Pferden, Helikopter, Marineboote und 12.000 Polizisten: Der sonst so geruhsame Badeort Deauville an der normannischen Atlantikküste steht für den G8-Gipfel unter französischem Vorsitz im Belagerungszustand. Ein enormes Aufgebot sorgt für die Sicherheit der Delegationen der Staats- und Regierungschefs aus den acht größten Wirtschaftsnationen der Welt.

Der französische Staatschef Nicolas Sarkozy empfing seine Gäste aus den USA, Kanada, Russland, Deutschland, Japan, Großbritannien und Italien persönlich auf dem Flugplatz. Seine Gattin, Carla Bruni, ließ dabei die Gelegenheit nicht aus, die Fotografen stolz strahlend auf ihre von einer Schwangerschaft gerundeten Formen hinzuweisen. Einer konnte seiner ursprünglichen Einladung nicht folgen: Dominique Strauss-Kahn, der seine Demission als Direktor des Internationalen Währungsfonds wegen einer Sex-Affäre einreichen musste und in Deauville vom Vizedirektor John Lipsky ersetzt wird. Strauss-Kahns Nachfolge ist kein offizielles Traktandum beim G8-Treffen, aber mit Abstand das wichtigste Thema der Gespräche in den Sitzungspausen.

Milliardenhilfe für Nordafrika

Das Programm des diesjährigen Treffens war äußerst dicht gedrängt: Nicht nur die üblichen Schlüsselfragen wie das iranische Atomprogramm, der internationale Terrorismus oder der Krieg in Afghanistan standen auf dem Programm, sondern auch weit drängendere Themen wie die Atomkatastrophe von Fukushima und die Unruhen in der arabischen Welt, wo sich die Teilnehmer eine Annäherung der Standpunkte erhofften.

Vom russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew, der gleich nach seiner Ankunft einen spektakulären Rüstungsvertrag mit Frankreich über den Kauf von vier Hubschrauberträgern bestätigte, wünschen sich die westlichen Partner vor allem ein Abrücken Russlands von seiner bisherigen Unterstützung des repressiven syrischen Regimes. Mit einem eventuellen Veto verunmöglichte Moskau jede UNO-Resolution, die Sanktionen vorsah. Auch mit seiner Kritik an der Intervention in Libyen hat Russland innerhalb der G8 eine abweichende Haltung. Divergenzen über den Zeitplan existieren zwischen Frankreich und den USA in der Anerkennung eines palästinensischen Staates an der UNO-Vollversammlung im Herbst.

Einstimmigkeit herrscht in Deauville dagegen im Wunsch, dem arabischen Frühling finanziell über den Sommer helfen. Tunesien und Ägypten brauchen mittelfristig rund 25 Milliarden Dollar. Gastgeber Sarkozy hatte jedoch vor der Erwartung sofortiger Zusagen gewarnt: „Deauville ist keine Konferenz von Geldgebern.“ Mehrere G8-Staaten, unter ihnen die USA und Deutschland, haben aber bereits ihre Bereitschaft zu massiver Hilfe angekündigt. Auch die Weltbank will die Fortsetzung der Reformen mit bis zu sechs Milliarden fördern.

„Welt nicht neu erfunden“

Die nukleare Katastrophe von Fukushima setzte fast zwangsläufig Diskussionen über die Reaktorsicherheit und gemeinsame Sicherheitsnormen und Vorschriften für Stresstests der Atomanlagen auf die Tagesordnung des G8-Treffens. Japans Premier Naoto Kan musste seinen Kollegen mit einer Einschätzung der derzeitigen Lage in Fukushima Rede und Antwort stehen. Medwedjew hat dabei auch Mechanismen vorgeschlagen, um koordiniert und schneller auf Umweltkatastrophen wie in Japan reagieren zu können. Merkel forderte eine Ausweitung der Stresstests „auf internationaler Ebene“.

Zum heutigen Abschluss des Gipfels über Entwicklungs- und Sicherheitsfragen gibt es ein Treffen mit den Amtskollegen aus Afrika, unter ihnen der neue Präsident der Côte d'Ivoire, Alassane Ouattara.

Gegen Mittag reisen die Staats- und Regierungschefs wieder ab, große Beschlüsse sind nicht zu erwarten: „Beim G8 wird die Welt nicht neu erfunden“, räumte ein Berater Sarkozys schon vor dem Gipfel ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2011)

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