Finale mit dem wahren Sieger

(c) AP (Emilio Morenatti)
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Erst vor zwei Monaten wurden dem Barcelona-Legionär Éric Abidal ein Lebertumor entfernt. Bis zur Krankheit war Abidal Leistungsträger seines Teams. Der 31-Jährige erlebte in Wembley einen krönenden Moment.

Ein Endspiel um die Champions League kann nur einer gewinnen, auch wenn es ein Kampf von Giganten ist. Der wahre Sieger aber heißt Éric Abidal. Ihm war es vergönnt, noch einmal auf die ganz große Bühne des Weltfußballs zurückzukehren. Vor zwei Monaten kämpften die Ärzte noch im Operationssaal um das Leben des Franzosen, jetzt ist er wieder Teil des großen FC Barcelona.

Für den 31-Jährigen wurden London und Wembley nun zum krönenden Moment. Nach seiner schweren Krebserkrankung gilt das umso mehr. „Ich habe noch nie eine so schreckliche Situation erlebt: Es ging um Leben und Tod“, sagt der französische Nationalspieler mit martiniquinischer Abstammung.

Jetzt ist Abidal wieder da, sogar „so fit wie vor der Operation“, wie Barça-Regisseur Xavi Hernandez betont, „einfach verblüffend“ sei das. „Es war ein langer Weg, ich war zwei Monate weg und jetzt hatte ich die Chance, hier dabei zu sein“, sagt Abidal. Mitte März war beim Franzosen ein Lebertumor diagnostiziert worden. Abidal kam unters Messer, der Krebs musste in höchster Not herausgeschnitten werden.

Seine Zukunft war ungewiss. „Zum Glück ging alles gut, und ich konnte zurückkehren“, meint er jetzt. Hart sei die Zeit nach dem Schicksalsschlag gewesen – und hart habe er gearbeitet, habe er arbeiten müssen. „Psychisch bin ich stark gewesen“, resümiert er.

Einen Satz erwähnt Abidal seither oft: Dass es wichtig sei zu kämpfen. Immer und in jeder Lage, sei sie auch noch so ausweglos. Für die Anhänger der Katalanen und seine Teamkollegen ist Abidal schon jetzt der Held der Saison, obwohl er die entscheidenden Spiele im Frühjahr im Krankenhaus verfolgt hat. „Er hat gezeigt, dass er ein Beispiel für die gesamte Menschheit ist“, äußerte der spanische Nationalspieler Xavi. „Er repräsentiert Wettbewerbsfähigkeit, Erholung, Überwindung und auch den Willen zurückzukommen.“

Bis zur Krankheit war Abidal Leistungsträger seines Teams. Die vierte Saison bei den Katalanen war seine bis dato beste gewesen. Der Verteidiger spielte in typischer Barça-Manier einerseits mit aller Gelassenheit, andererseits auch äußerst abgeklärt. Das Endspiel im Londoner Wembley-Stadion ist das Highlight schlechthin in Abidals Karriere. 2009, als der Klub letztmals bis ins Finale im Wettbewerb mit den besten europäischen Teams einzog, fehlte er gesperrt (umstrittene Rote Karte nach einem Foul an Nicolas Anelka, Chelsea). Diesmal konnte er spielen.

Abidal war bereit. „Ich fühle das“, sagte er vor dem Spiel. In den letzten vier bedeutungslosen Barça-Partien in der Primera Division kam der 1,86 Meter große Abwehrspieler schon jeweils zu Kurzeinsätzen, im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid wurde er Anfang des Monats in der Schlussminute eingewechselt und frenetisch gefeiert.

Nach dem Willen der Barça-Bosse soll er auf jeden Fall bleiben. Der spanische Meister bot ihm nach Medienangaben eine Vertragsverlängerung bis 2014 an. Der Abwehrmann soll bereits zugestimmt haben. Und auch die Rückkehr in die französische Nationalelf steht bevor: Nationaltrainer Laurent Blanc nominierte ihn für das EM-Qualifikationsspiel am 3. Juni in Weißrussland und für zwei weitere Testspiele.

Der Rohdiamant aus Lyon. Die Karriere von Abidal begann bei AS Lyon-la-Duchère, einem Amateurverein aus Lyon. 2000 wechselte er zum AS Monaco, zwei Jahre später holte ihn Claude Puel, der ihn schon in Monaco trainiert hatte, zum OSC Lille. Zunächst nur als Leihspieler, später nahm der Verein die Kaufoption wahr.

Es dauerte nicht lange, da machte Éric Abidal weiter auf sich aufmerksam. Paris SG und Olympique Lyon wollten ihn verpflichten. 2004 entschied sich Abidal für die Rückkehr in seinen Heimatort und unterschrieb einen Vierjahresvertrag in Lyon.

Im Sommer 2007 wechselte er für 15 Millionen Euro zum FC Barcelona und erhielt dort einen Vierjahresvertrag. Er wurde im ersten Jahr, in dem Barcelona das Triple gewann, 46 Mal bei den Katalanen eingesetzt.

In seiner zweiten Saison bei den Katalanen war er trotz der Ankunft von Maxwell am Anfang der Saison erste Wahl. Barcelona verlängerte daraufhin den Vertrag um ein Jahr bis 2012. Im Februar 2010 zog sich Abidal eine Knieverletzung zu, die ihn für zwei Monate außer Gefecht setzte. Anschließend plagte ihn eine Leistenverletzung, wodurch er am Ende der Saison seinen Stammplatz zugunsten von Maxwell verlor.

In der Saison 2010/11 eroberte er sich seinen Stammplatz zurück und rückte nach der Verletzung von Carles Puyol in die Position des Innenverteidigers. Am 5. Januar 2011 erzielte er im Pokalrückspiel gegen Athletic Bilbao im San Mamés sein erstes Tor im Trikot des FC Barcelona. Das Spiel endete 1:1, und Barcelona zog aufgrund der Auswärtstorregel in die nächste Runde ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2011)

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