Eurofighter-Krimi um den Verbleib von 87 Millionen Euro

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Ein italienischer Kriminalfall fördert neue Erkenntnisse um mögliche Schmiergeldzahlungen zutage. Gianfranco Landes Firma Agharti erhielt laut eigenen Aussagen elf bis zwölf Millionen Euro.

Wien. Die Causa Eurofighter verspricht wieder spannend zu werden. Nur wenige Wochen, nachdem die Staatsanwaltschaft Wien die Verfahren gegen das Ehepaar Rumpold und den früheren Luftwaffenchef Erich Wolf eingestellt hat (Letzteres ist noch nicht endgültig erledigt, der Rechtsschutzbeauftragte im Justizministerium plädiert für eine Fortführung), kommt an einer anderen Front Bewegung in die Sache: und zwar dort, wo das wirklich große Geld im Spiel ist.

Der Auslöser war unspektakulär: Am 24. März wurde in Rom der Geschäftsmann Gianfranco Lande verhaftet. Ihm wird Anlagebetrug vorgeworfen, er sitzt seither in Untersuchungshaft. Unter den zahlreichen Firmen, die Lande gegründet hat, befindet sich auch das britische Unternehmen Vector Aerospace – und das ist spätestens seit dem Eurofighter-Untersuchungsausschuss auch in Österreich ein Begriff. Da wurde nämlich eine ziemlich dubiose Überweisung der Vector Aerospace über 120.000 Euro an die European Business Development GmbH entdeckt – das ist jene Firma, die Eurofighter gegründet hat, um die Gegengeschäfte in Österreich abzuwickeln.

Britische Briefkastenfirma gegründet

Bei Recherchen stellte sich heraus: Vector Aerospace ist eine britische Briefkastenfirma, die nur einen einzigen Firmenzweck ausweist: die Gegengeschäfte des Eurofighter-Konsortiums mit Österreich zu managen. Aus den Büchern des Unternehmens geht hervor: Insgesamt 87 Millionen Euro sind in den Jahren 2004 bis 2008 geflossen. Woher das Geld kam und wer die Empfänger waren, war bislang unbekannt. Mit den zuständigen Stellen, Wirtschafts- und Verteidigungsministerium, ist Vector Aerospace jedenfalls nicht in Verbindung getreten.

Seit der Verhaftung Landes weiß man etwas mehr. In seinen Aussagen vor der Staatsanwaltschaft hat er bestätigt, dass er die Firma im Auftrag von EADS gegründet hat. Der Firmenzweck laut Lande: Falls die Gegengeschäfte nicht im vereinbarten Ausmaß zustandegekommen wären, hätte Eurofighter eine Vertragsstrafe zahlen müssen. Vector Aerospace habe dieses Risiko übernommen. Lande hat sich das jedenfalls fürstlich entlohnen lassen: Seine Firma Agharti erhielt laut eigenen Aussagen elf bis zwölf Millionen Euro. Und noch eine weitere Zahlung ist bekannt: 14,5 Millionen Euro gingen an eine weitere britische Briefkastenfirma namens Centro Consult. Diese war ebenfalls von Lande gegründet worden, ging aber später an den Wiener Waffenhändler Walter Schön über.

Die Wiener Staatsanwaltschaft dürfte die Version mit der Vertragsstrafe nicht so ganz glauben und eher Schmiergeldzahlungen im Rahmen der Eurofighter-Beschaffung vermuten. Sie hat drei Beschuldigte im Visier: die Waffenhändler Walter Schön und Alfred Plattner sowie den EADS-Manager Klaus-Dieter Bergner. Vorgeworfen wird ihnen Beamtenbestechung und Geldwäscherei, Schön wird auch der Steuerhinterziehung, Plattner der falschen Beweisaussage vor dem Eurofighter-Untersuchungsausschuss verdächtigt. In allen Fällen gilt die Unschuldsvermutung.

Kürzlich fanden auch an den Wohn- und Büroadressen der Beschuldigten Hausdurchsuchungen statt. Aufschluss geben könnte auch das ausgiebige Material zur österreichischen Eurofighter-Beschaffung, das bei der italienischen Rüstungsfirma Alenia gefunden wurde.

Material in Italien entdeckt

Noch bleiben viele Fragen in dieser Angelegenheit offen. Vor allem: Wo sind die Gelder der Vector Aerospace tatsächlich gelandet? Und falls es sich um Bestechung gehandelt haben sollte: Wer waren die Empfänger der Zahlungen?

Die Entscheidung für den Eurofighter ist in Österreich im Jahr 2002 in der Regierung Schüssel gefallen. Verteidigungsminister Herbert Scheibner (damals FPÖ, jetzt BZÖ) hat sich für den schwedischen Saab-Gripen ausgesprochen, Finanzminister Karl-Heinz Grasser (damals FPÖ, später ÖVP) hat in der entscheidenden Ministerratssitzung den Eurofighter durchgesetzt.

Noch ein Untersuchungsausschuss?

Der grüne Abgeordnete und frühere Vorsitzende des Eurofighter-U-Ausschusses, Peter Pilz, ist jedenfalls überzeugt, dass Schmiergelder geflossen seien. Und er hofft immer noch, auf diesem Weg die Anschaffung der Eurofighter rückgängig machen zu können. Der Vertrag sieht nämlich ausdrücklich vor, dass Österreich im Falle von erwiesenen Schmiergeldzahlungen aussteigen kann. Als ersten Schritt solle es eine Wiedereinsetzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses geben, so Pilz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2011)

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