Österreichs Jugendlichen wird Weltoffenheit gepredigt. Daheim lebt der Provinzialismus beim Jugendschutz auf.
Kommentar
Die Führerscheinprüfung ist fast ein Klacks dagegen. Die wirkliche Prüfung in Österreich besteht darin, dass Eltern mit mehreren Teens am besten die Ausgehzeiten und Jugendschutzbestimmungen in allen neun Bundesländern auswendig beantworten können. Wenn ihr 17-jähriger Sohn aus Graz sich mit einer 15-jährigen Wiener Freundin bei Wiener Neustadt in der Disco trifft, müssen die Erziehungsberechtigten schon höllisch aufpassen, dass ihnen Ausgehzeiten und dergleichen nicht durcheinanderkommen.
Weltoffenheit wird den Jugendlichen gepredigt. Österreichs Schüler nehmen Angebote zur Bildung im Ausland zunehmend an. Daheim feiert dafür beim Jugendschutz der Provinzialismus fröhliche Urständ. Das Alpenland ist ja so dermaßen groß.
Gesetzespapier ist geduldig. Neun verschiedene Jugendschutzbestimmungen wurden bis zuletzt heroisch verteidigt. Es stimmt schon: Weder Staat noch Landespolitiker können und sollen den Eltern mit Paragrafen die Aufgabe abnehmen, ihren Kindern den Umgang mit Freiheiten und Verboten beizubringen. Dennoch besteht bei der Vereinheitlichung des Jugendschutzes – im Politikerdeutsch gesagt – Handlungsbedarf. Die Betroffenen würden es frei nach einem Sommerhit aus dem Vorjahr so formulieren: Geht scho, gemma, Vollgas!
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2011)