Der Polterabend als Geschäftsmodell

Polterabend Geschaeftsmodell
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Tradition kommt vom lateinischen "traditio".

Tradition kommt vom lateinischen „traditio“ (Übergabe, Überlieferung) und bezeichnet die Weitergabe von Handlungsmustern, Vorstellungen und gelegentlich auch das Weitergegebene selbst – also etwa Bräuche, Sitten oder Konventionen. Manche Tradition hat in unserem Kulturkreis schon länger Tradition, andere werden erst durch die Inszenierung als Tradition zur Tradition gemacht. Zur ersten Kategorie zählt etwa das Weihnachtsfest, zur zweiten etwa der irische St. Patricks Day oder das aus dem amerikanischen Raum entlehnte Halloween. All diesen Traditionen ist wiederum gemein, dass es nicht lange dauert, bis Industrie und Handel das mehr oder weniger traditionelle Treiben als Geschäftsmodell entdecken.

Der Polterabend, andernorts auch Junggesellenabschied genannt, ist da keine Ausnahme. Von T-Shirts mit geschmackvollen Sprüchen à la „3, 2, 1...Lebenslang“ oder „Time to Say Goodbye“ bis zu speziellen Polterpaketen im Stripclub reicht die Palette, dazu kommen Kollateralprodukte wie Handschellen oder süßlich-klebrige Alkoholika in kleinen Fläschchen, mit denen die Wirtschaft in absentia mitpoltert.

Ja, es schneiden viele mit, wenn ein Bräutigam durch die Innenstadt geschickt wird, um möglichst erniedrigende Dinge zu tun – etwa Zeitungen oder getragene Unterwäsche an unschuldige Passanten zu verkaufen. Wobei, so mancher Bepolterte läuft dabei zu einer nie da gewesenen Form auf und entpuppt sich plötzlich als großartiger Verkäufer, der älteren Damen oder jungen Pärchen mit begeistertem Lächeln fünf Euro für ein altes Kinderfoto aus der Tasche zieht. Und am Ende mit dem Erlös aus dem Verkauf von wertlosem Tand der halben Runde den Abend finanziert. Auch ein Geschäftsmodell. Gibt es eigentlich schon professionelle Polterer, die davon leben können?

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2011)

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