Jeder Kandidat ein Witz?

(c) ORF (G�nther Pichlkostner)
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Eine ORF-Bewerbung wie die von Wehrschütz wird immer belächelt. Wieso eigentlich?

Glosse

Die erste Reaktion ist immer dieselbe: Staunen. Kurze Rückfrage: wirklich? Und dann – breites Grinsen. Wer es ernsthaft in Erwähnung zieht, sich als ORF-Generaldirektor zu bewerben, und keine Partei hinter sich hat, wird in Österreich belächelt. Das war bei Karin Kraml-Resetarits schon vor Wochen so (seither ist es fast beunruhigend ruhig um sie geworden), das ist jetzt bei Christian Wehrschütz so.

Dabei wird gleichfalls belächelt, wer die volle Unterstützung einer Partei hat. Und derjenige, der kein schlechter Kandidat wäre, die Sache aber lieber bleiben lässt, weil er die Partei, aus deren Stall er kommt, nicht hinter sich weiß. Jeder Kandidat wie ein Witz. Und warum? Weil der gesamte Vorgang die „Wahl des ORF-Generals“ (die eigentlich keine Wahl, sondern eine Bestellung ist) ad absurdum führt. Wenn vorher feststeht, wer es hinterher wird, ist jede Diskussion obsolet. Die Kandidatur von Christian Wehrschütz (und die von Kraml) mag von Idealismus und ihrer speziellen Sicht auf das ORF-Geschehen überfrachtet sein, aber sie ist zumindest originell. Die Kritik von Claudius Seidl, der sich scherzhaft als ZDF-Chef bewarb, wurde in Deutschland auch gehört. So lange das ORF-System ist, wie es ist, sollte sich niemand über Blümchenbewerbungen lustig machen.

anna-maria.wallner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2011)

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