Korruption ist nicht mehr „Part of the Game“

(c) Clemens Fabry
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Die Justiz hat im Fall Uwe Scheuch ein Exempel statuiert: Politiker, die sich nicht an die Regeln halten, müssen mit der vollen Härte des Strafgesetzes rechnen.

Die Justiz hat im Fall Uwe Scheuch ein Exempel statuiert: Politiker, die sich nicht an die Regeln halten, müssen mit der vollen Härte des Strafgesetzes rechnen.
Das - noch nicht rechtskräftige - Urteil ist ein drastisches. Sechs Monate Haft für die Anbahnung eines (ungesetzlichen) Deals, der letztlich gar nicht umgesetzt wurde. Der Kronzeuge, jener Mann, der das Geschäft am Telefon anzubahnen versucht hat, ein ehemaliger Parteifreund des Angeklagten, der nach „Knittelfeld" - und der Angeklagte war ein „Knittelfelder" - mit der Partei gebrochen hat. Allerdings: Ob es nun ein „Leger" war oder ein echtes Geschäft - es existiert ein Tonband, auf dem der Beschuldigte seine Bedingungen diktiert hat: Investment plus Parteispende gegen Staatsbürgerschaft.


Eine Gefängnisstrafe ist für jeden Menschen eine Tragödie. Erst recht für einen, der es gewohnt war anzuschaffen, der im freiheitlichen Kärntner Biotop weitgehend als sakrosankt galt, noch dazu, da er aus dem in diesen Breiten geachteten „national-liberalen Adel" stammt.
Man darf davon ausgehen, dass bei der überaus harten Strafe für Uwe Scheuch die Generalprävention, also die Abschreckung, eine große Rolle spielte. Auch wenn die Staatsanwältin anmerkte, so dreist wie Scheuch habe noch selten einer Forderungen zum eigenen Vorteil aufgestellt. Nach dem Urteil von Klagenfurt muss allen Politikern klar sein, dass Korruption nicht mehr locker als „part of the game" durchgeht, dass Volksvertreter keine mildernden Umstände - ganz im Gegenteil - zu erwarten haben, und dass die Vergabe von Staatsbürgerschaften zum eigenen Vorteil (oder jenem der Partei) kein Kavaliersdelikt ist.
Gerade diesbezüglich scheint sich hierzulande, vor allem in Kärnten, eine Praxis „eingebürgert" zu haben, die bisher anscheinend als weitgehend normale „Eine Hand wäscht die andere"-Methode empfunden wurde. Der nächste Prozess steht schon an: Vor Gericht muss in Bälde Franz Koloini erscheinen. Jörg Haider, dessen Sekretär er war, kann sich leider nicht mehr persönlich verantworten. Zwei russische Investoren sollen zwei Millionen Dollar und 900.000 Euro in den Kärntner Kurzzeit-Formel-I-Fahrer Patrick Friesacher investiert und dafür die Staatsbürgerschaft erhalten haben. Der Deal soll über Haider und Koloini gelaufen sein.
Aber nicht nur in Kärnten wird ermittelt, sondern auch in Wien. Hier untersucht die Korruptionsstaatsanwaltschaft den Vorwurf gegen den Direktor der Kunsthalle, Gerald Matt, er habe Sponsoren für sein Haus die österreichische Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt. Ein solches Verfahren gegen die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller war vor Kurzem eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft sah es nicht als erwiesen an, dass sie einem russischen Osterfestspielesponsor die Staatsbürgerschaft versprochen habe.
Wobei der entscheidende Punkt dabei nicht jener ist, ob ein Investor für seine Geldleistung die Staatsbürgerschaft erhält, sondern ob ein Dritter, etwa eine Partei oder Person, mitschneidet.

Die politischen Konsequenzen der Causa Scheuch liegen auf der Hand: Wird das Urteil bestätigt, verliert er sein Amt. Seine politische Karriere ist damit beendet, wohl für immer (wobei man gerade in Kärnten nichts ausschließen sollte).


Damit ist auch jener unterschwellige Machtkampf entschieden, der das Vakuum nach dem Tod Jörg Haiders gefüllt hat. Auch wenn sich Gerhard Dörfler ein solches Ende wohl nicht gewünscht haben wird, er ist nun unumstritten die Nummer eins bei den Kärntner Freiheitlichen. Schon in der Ortstafelfrage hat er sich intern weitgehend durchgesetzt - wobei da noch Zugeständnisse an den von den Brüdern Scheuch repräsentierten nationalen Flügel nötig waren. Jetzt sind deren Machtambitionen Makulatur.


Uwe Scheuch ist aber auch ein „Opfer". Nicht der Justiz. Sondern des „Systems Haider", des feuchtfröhlichen Rechtspopulismus südösterreichischer Prägung. Damals sind jene Praktiken eingerissen, für die Uwe Scheuch nun stellvertretend verurteilt wurde. Scheuchs Fehler war das blinde Vertrauen in Jörg Haider über dessen Tod hinaus, die Annahme, dass dessen Spielart des „anything goes" auch danach Bestand haben würde.
Daraus sollten alle Politiker ihre Lehren ziehen, nicht nur die freiheitlichen - aber diese haben es anscheinend am nötigsten.

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2011)

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