„Es war so ein netter Ort früher, und dann kommen zwei, drei...“

(c) Georgia Meinhart
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Fortgesetzter Imageschaden im Tourismusort: Ein wegen Vergewaltigung verurteilter Ex-Bürgermeister und sein Amtsnachfolger, der wegen undurchsichtiger Immobiliengeschäfte vor Gericht stand.

Windischgarsten. „Es war so ein netter Ort früher, und dann kommen zwei, drei solche Leute und machen eine derart schlechte Stimmung für Windischgarsten, dass es einem nur mehr grausen könnte“, sagt die Frau, eine Einheimische.

Sie meint: den Ex-Bürgermeister, der wegen Vergewaltigung, geschlechtlicher Nötigung und Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, sie meint dessen Nachfolger, gegen den wegen Amtsmissbrauchs am Landesgericht Steyr verhandelt wurde (siehe Bericht oben) und den Pfarrer, der Windischgarsten zu allem Überfluss auch noch negative Schlagzeilen bescherte.

In der Nähe rattern die Schlitten der Sommerrodelbahn ins Tal. In die andere Richtung balancieren Metallkörbe des Sesselliftes die Sommergäste zum Start des „Alpine Coasters“ in Windischgarsten.

„Erzkonservatives Eck“

„Naja, nett. Gut und schön, ein konservatives, ein wirklich erzkonservatives Eck war das hier aber doch immer schon“, sagt der Mann, auch ein Einheimischer.

Da passe Pfarrer Gerhard Maria Wagner, meint der Mann, doch gut ins Bild, jener Geistliche, der Geschiedenen die Kommunion verweigert und keine Mädchen als Ministranten zulässt: „Er passt wirklich gut zu unseren Leuten hier.“ Jetzt lachen die beiden Einheimischen zusammen: Der Pfarrer, der einmal Weihbischof von Linz werden sollte und es dann wegen seiner wenig diplomatischen Aussagen doch nicht wurde, sei ja nicht das Schlimmste, er sei im persönlichen Gespräch immerhin ein sympathischer Mann, der auch andere Meinungen als seine gelten lasse, nur in der Kirche, die er an allen Sonntagen füllt, da bestimme er eben allein.

Die Sommerrodelbahn rattert noch immer in die Stille des Ferientages hinein. Am Hauptplatz wird gerade eine der gepflegten Fassaden frisch gestrichen, kein helles Gelb, Himmelblau oder mattes Rot, wie die Nachbarhäuser, sondern ein dunkler Fliederton diesmal. Bis auf die Maler, die vor der eingerüsteten Fassade ihr Werk begutachten, und wenige Gäste in den Straßencafés und Gastgärten scheint die Gemeinde wie weggedöst. Die Geschäfte, die sich an der Hauptstraße dicht an dicht drängen, schließen über die Mittagsstunden, nur eine einsame Gemeindebedienstete gießt die Blumen in den Trögen vor dem Rathaus, das in einem niedrigen Haus mit einem runden Turm untergebracht ist.

Kein Vertrauen im Rathaus

Am Eingang zum Rathaus hängt das Porträt des Bürgermeisters: Norbert Vögerl wollte trotz der Anklage nicht zurücktreten, seine Partei, die ÖVP, wollte ihm das auch vor einem Urteil nicht nahelegen. Im Rathaus sei die Stimmung jedoch vergiftet, hört man, es gebe kein Vertrauen mehr, keine Handschlagqualität, immer wieder werden Beschwerden über die jeweils andere Fraktion ans Land weitergeleitet. Auf die Stimmung schlägt auch, dass die 2400-Seelen-Gemeinde zwischen Sensengebirge und Warscheneck so gut wie bankrott ist.

Es brauche einen Neubeginn, eine andere Einstellung, weniger Alleingänge, mehr Miteinander, wünscht sich der Einheimische. Auf die Frage, ob die Häufung der verhaltensauffälligen Persönlichkeiten ein Zufall sei, antwortet er: „Ich hoffe es.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2011)

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