Schweizer Franken: Fluchtziel und Falle zugleich

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Die eidgenössische Währung gilt als überbewertet, kurzfristig scheint aber kein Ende des Preisanstiegs in Sicht zu sein. Kreditnehmer sollten eine Umwandlung in Euro in Betracht ziehen. Freilich nicht um jeden Preis.

Wien/B.l. Die Schweizer Notenbank, die in den vergangenen Tagen ihre Anstrengungen intensiviert hat, den Franken zu schwächen, hat mit einem mächtigen Gegner zu kämpfen: der Sorge der Anleger um die US-Konjunktur und der Angst vor der Euro-Schuldenkrise. Die Investoren werfen derzeit Aktien auf den Markt und kaufen Gold, deutsche Staatsanleihen und Franken. Am Freitagnachmittag kostete ein Franken 91,7 Eurocent. Von ihrem absoluten Rekord bei 0,928 Euro hat sich die eidgenössische Währung damit wieder etwas entfernt. Für Kreditnehmer, die vor Jahren zum Kurs von 60 Cent ein Darlehen aufgenommen haben, dürfte das freilich nur ein schwacher Trost sein.

Kurs von eins zu eins ist möglich

Ein Ende der Frankenstärke ist vorerst nicht in Sicht. RZB-Analyst Valentin Hofstätter schließt nicht aus, dass die Schweizer Währung in Richtung Parität zum Euro (Kurs von eins zu eins) oder höher steigen könnte. Wann das passiert, sei nicht leicht abzuschätzen. Derzeit würden fünf weitere Tage Eskalation an den Märkten reichen. Genauso gut könnte es sein, dass die Schweizer Notenbank erfolgreich ist oder gute Nachrichten aus der Eurozone vorübergehend für Entspannung sorgen.

Sollte sich im nächsten halben bis dreiviertel Jahr die Schuldenkrise in der Eurozone weiter zuspitzen, könnte die Parität erreicht werden, meint auch Erste-Analystin Gudrun Egger. Die Erstarkung des Franken zum Euro in den vergangenen Jahren habe auch fundamentale Ursachen. Der jüngste Anstieg sei jedoch angstgetrieben. Den „fairen Wert“ des Franken sehen die Analysten zwischen 0,77 und 0,83 Euro. Dorthin sollte er wieder fallen, wenn es in der Eurozone zu glaubwürdigen strukturellen Reformen kommt.

Jetzt ein Frankendarlehen aufzunehmen, wäre dennoch ähnlich riskant, als würde jemand einen Kredit aufnehmen, um Aktien zu kaufen, meint Hofstätter.

Für jene 250.000 Österreicher, die noch auf Frankenkrediten sitzen, gibt es kein Patentrezept. Wenn der Kredit eine kurze Restlaufzeit hat, sollte man sich von der Bank ausrechnen lassen, ob sich eine Umwandlung in Euro wegen der Gebühren überhaupt auszahlt.

Sich mit Limits absichern

Rechnet man mittelfristig mit einer Erholung des Euro, sollte man mit der Bank über eine Laufzeitverlängerung verhandeln, um den endfälligen Kredit nicht zu einem ungünstigen Zeitpunkt zurückzahlen zu müssen. Die meisten Analysten glauben, dass sich der Euro mittelfristig, also in den nächsten Monaten, erholen sollte, wie aus Bloomberg-Daten hervorgeht. Die gegenwärtige Frankenstärke hatten sie allerdings nicht vorhergesehen. Trifft ihre Annahme diesmal zu, wäre derzeit ein schlechter Zeitpunkt für die Umwandlung in einen Eurokredit. Mittelfristig sollte man eine solche aber in Betracht ziehen. Die Hoffnung, dass der Franken wieder auf 60 Cent fallen könnte, halten die meisten Analysten für unrealistisch. Sinkt der Wert der Schweizer Währung also vorübergehend auf 80 Cent, dürfte das kein schlechter Zeitpunkt zum Umwandeln sein.

Gerhard Miksch, Erste-Bank-Experte für Fremdwährungskredite, rät, sich mit Limits nach oben oder unten abzusichern. So kann man sicherstellen, dass man nicht noch schlimmere Verluste erleidet bzw. den günstigen Ausstiegszeitpunkt nicht verpasst. Wer sich nicht sicher bezüglich der weiteren Entwicklung des Franken ist, für den kommt auch eine teilweise Umstellung in Euro oder– falls er sich das leisten kann– eine teilweise vorzeitige Tilgung infrage.

Schulden teilweise tilgen

Möglich ist auch, von einem endfälligen Kredit (dabei werden die Raten nicht sofort zur Schuldentilgung verwendet, sondern fließen in eine Geldanlage, den „Tilgungsträger“) auf einen Abstattungskredit umzustellen: Dabei wird der Tilgungsträger ruhend gestellt und die laufenden Raten werden ab sofort zur Schuldentilgung verwendet. Läuft der Tilgungsträger nicht gut, kann man ihn auch gleich zur Schuldentilgung heranziehen.

Wer jetzt als Anleger noch zum Franken greift, sollte sich schon sehr sicher sein, dass die Schuldenkrise noch lange nicht gelöst wird. Geht es nur darum, nicht im Euro zu sein, rät Hofstätter, auch auf andere Währungen zu setzen, etwa solche aus den Schwellenländern. Deren weitere Entwicklung sei zwar ebenfalls unsicher, im Gegensatz zu Franken gibt es aber noch höhere Zinsen.

Auf einen Blick

Der Schweizer Franken hielt sich jahrelang zum Euro relativ stabil, es gab aber niedrigere Zinsen. Das ließ Franken-Darlehen sehr attraktiv erscheinen. Seit einem Jahr befindet sich die Schweizer Währung jedoch im Höhenflug, der sich in den vergangenen Tagen noch verstärkt hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2011)

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