Investment: Engel mit praller Geldbörse

Investment Engel praller Geldboerse
Investment Engel praller Geldboerse(c) Www.bilderbox.com
  • Drucken

Wenn Start-ups Geld brauchen, sind Business Angels gefragt. Lange Zeit war dieses Investoren-Modell in Österreich unterentwickelt – jetzt entsteht hierzulande eine neue junge Szene.

Ob Mark Zuckerberg schon bei der Idee von Facebook daran dachte, damit reich zu werden, weiß man nicht genau. Jetzt ist er es jedenfalls. Mit 50 Milliarden Dollar wird die Online-Plattform bewertet, Zuckerberg gehört zu den jüngsten Selfmade-Milliardären der Welt. So weit ist Peter Guggenbichler noch nicht. Der Tiroler Mediziner, zuletzt Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten und Präventive Medizin an der Universitätsklinik für Kinder und Jugendliche in Erlangen, hat zwar auch eine interessante Idee. Er hat eine Methode entwickelt, mit der die in Spitälern häufigen – und ebenso gefährlichen – Mikrokeime abgetötet werden können.

Ob Guggenbichler mit seiner, gerade in Gründung befindlichen, Firma „Amistech GmbH & Co. KG“ (Anti Micro Surface Technology) auch Geld verdienen wird, hängt nicht nur von seinem Hirnschmalz ab. Sondern vor allem davon, ob er Geldgeber findet, die dem Start-up auf die Sprünge helfen. Guggenbichler hat die erste Hürde genommen. Mit Hilfe der staatlichen Förderbank AWS und deren Plattform „i2“ hat er einen Business Angel gefunden. Der Ingenieur Maximilian Lackner füttert die junge Firma nicht nur mit Geld, sondern steht auch mit Rat und Tat zur Seite.

Eine Partnerschaft wie diese ist hierzulande ein Glücksfall. Im Gegensatz zu den USA und Großbritannien, wo dieses Modell der Starthilfe schon seit längerem floriert, sind in Österreich Business Angels noch dünn gesät. Und damit „verhungern“ viele Ideen, bevor sie die Produktreife erlangen. Denn Banken sind bei Start-ups meist zugeknöpft – sie haben in der Dot.com-Blase zu viel Geld verloren und jetzt in der Eurokrise andere Sorgen. Und für eine klassische Risikofinanzierung (Venture Capital) sind die meisten Gründer noch zu klein.

Anders als Venture-Capital-Geber, die ähnlich wie Investmentfonds vorgehen, mit fremdem Geld arbeiten und auf schnelle Renditen aus sind, investieren Business Angels eigenes Geld und bringen zudem Erfahrung, Wissen und Kontakte ein. Oft sind es ehemalige Manager oder Unternehmer, die nach ihrem Ausstieg eine neue Herausforderung suchen. Martin Bartenstein, Ex-Wirtschaftsminister, und Manfred Reichl, ehemaliger Chef des Beratungsunternehmens Roland Berger, gehören zu diesen.

Erste „Start-up Week“ im Oktober.
Seit kurzem gibt es auch eine wachsende Gruppe junger „Engel“: Daniel Keiper-Knorr, Oliver Holle und Markus Wagner gehören dazu. Sie haben mit einigen anderen Investoren den Business-Angel-Fonds SpeedInvest gegründet und organisieren zudem im Oktober in Wien die erste „Start-up Week“. Dort können 50 Internet- und Handy-Start-ups ihre Ideen Business-Engeln präsentieren.

Zurück zur „grauen Eminenz“ Reichl. Nach seinem selbst gewählten Abgang als Top-Berater wusste Reichl genau, was er nicht wollte – „eine Jacht“. Was ihn umso mehr reizte, war, sein Geld nicht auf der Bank, sondern in jungen Unternehmen arbeiten zu lassen. Durchaus mit hohem Risiko.

Ein Zufall bescherte Reichl sein bisher erfolgreichstes Investment: 2007, bei einer Busfahrt durch China, räsonierte sein Sitznachbar darüber, dass er seine junge Firma wohl an Chinesen werde verkaufen müssen, denn in Österreich bekomme er kein Geld. Der frustrierte Mann war niemand geringerer als der Star-Genetiker Josef Penninger. Reichl überlegte nicht lange. Zurück in Österreich, zog er die Fäden seines Beziehungsnetzes, in dem sich bald ein paar spendierfreudige Investoren fingen. Bartenstein und dessen Pharmafirma Gerot Lannach gehörten dazu. Drei Jahre später gelang Apeiron, wie Penningers Firma heißt, der Super-Coup: Der britische Pharmariese GlaxoSmithKline beteiligte sich und ließ für eine Lizenz an einem, von Penningers Team entwickelten, Wirkstoff 236 Mio. Euro springen.

Diesen Erfolg will das Trio Reichl-Bartenstein-Penninger mit der vor einem Jahr gegründeten Biotech-Firma Akron Molecules wiederholen. „Ich stelle Kontakte her, bin der Sparringpartner für den Gründer, suche weitere Financiers und stelle mein Netzwerk zur Verfügung“, beschreibt Reichl der „Presse am Sonntag“ seine Tätigkeit. Es sei wie beim Start eines Flugzeugs: Um am Boden Geschwindigkeit aufzunehmen, brauche es einen ersten Schub. Dieser komme meist vom Staat, konkret der Förderbank AWS. „Das funktioniert sehr gut“, sagt Reichl. Aber die Mittel seien schnell verbraucht. „Um abheben zu können, braucht es viel mehr Kraft, dann sind wir Business Angels gefragt.“


Alle Investments sollen was werden. Acht Firmen hat Reichl inzwischen in seinem Brutkasten, nicht alle aus dem Biotech-Bereich. Auch Internet-Flöhen gibt er sein Know-how. Eines davon ist der Audio-Online-Dienstleister „Yasssu“, der sich gut entwickelt hat. „Ich gehe davon aus, dass alle Investments etwas werden“, legt Reichl die Latte sehr hoch. Denn Samariter sind die Engel mit praller Geldbörse nicht. Eine Rendite von 30 bis 50 Prozent müsse schon drin sein, spätestens beim Verkauf, ist Daniel Keiper-Knorr überzeugt. „Wenn ich nur eine Dividende will, kann ich ja bei einem Energieversorger investieren.“

Geduld sei wichtig, genauso Enthusiasmus – aber „man darf nicht verliebt sein“. In das Start-up, natürlich. Im Gegenzug verlangt er vom Gründer neben einer guten Idee und einem guten Team auch einen Businessplan und die „Grundbegriffe des betriebswirtschaftlichen Handelns“.

Der gebürtige Vorarlberger mit Unternehmerfamilien-Hintergrund Keiper-Knorr gehört der Truppe junger Business Angel an, die dem Modell neuen Schwung geben. Wobei es nicht nur über die AWS-Börse „i2“, in der rund 140 Business Angels aufgelistet sind, rege Kontakte gibt. Erfahrungen mit Banken und Behörden schweißen zusammen. „Wir haben hierzulande keine Eigenkapital-Kultur“, kritisiert Keiper-Knorr. Außerdem seien solche Investments steuerlich unattraktiv, Verluste könnten steuerlich nicht geltend gemacht werden. Und noch etwas eint die Engel: Ihr Ärger über betuchte Menschen, die ihr Geld „lieber in marode Banken im Süden“ stecken, wie Reichl ätzt. Warum er dennoch dran bleibt? „Weil es Spaß macht“, lautet die klare Antwort.

Keiper-Knorr war nach einer wenig berauschenden Erfahrung bei einer Schweizer Großbank Firmengründer – mit seinem Freund und Partner Oliver Holle hat er alle Höhen und Tiefen der Dot.com-Blase erlebt. „Zuerst haben wir Millionen an Venture Capital bekommen, ohne großartigen Plan, dann war es binnen weniger Wochen vorbei“, erinnert er sich. Dennoch probierten sie es wieder – mit mehr Erfolg: Sie sprangen auf den Boom der Handymehrwertdienste und -klingeltöne auf und verkauften ihre Firma wenig später an Verizon. 55 Mio. Euro sprangen dabei für alle Beteiligten heraus.

Das war der Moment, in dem Keiper-Knorr die Seiten wechselte. Er begann seine Fühler auszustrecken. 2009, am „Business Angel Day“, wo er auch Reichl und einen anderen Kapazunder, den Werber Rudi Kobza, kennenlernte, wurde es ernst. Zwei junge Burschen stellten ihre Idee vor: Eine Internet-Mode-Plattform, die es jungen Modedesignern ermöglicht, Kunden zu finden. Ein Entwurf wird ins Netz gestellt, wenn er ankommt, organisiert das Online-Unternehmen vom Stoffeinkauf über die Produktion bis zum Online-Verkauf alles. Garmz, wie das Start-up heißt, ist rasch flügge geworden. Zu rasch. Vor kurzem übersiedelte Garmz nach London. „Wir hätten sie gerne hier behalten, aber die junge Fashionszene spielt sich in London ab und dort ist es auch gelungen, über eine Million Venture Capital aufzustellen“, sagt Keiper-Knorr.

Diese Erkenntnis, dass es viele talentierte Gründer nicht schaffen oder aber ins Ausland abwandern (müssen), ließ den Business-Angel-Fonds SpeedInvest entstehen. Ein „Erzengel“ quasi. Mit neun Partnern haben Keiper-Knorr und Holle 30 Investoren gefunden und bei ihnen sieben Mio. Euro für Speedinvest eingesammelt. Innerhalb von zehn Jahren will man 20 Beteiligungen eingehen, eine überschaubare Größe. Was kein Problem sein dürfte, denn an Anfragen fehlt es nicht. Über zwei Projekte wird schon konkret verhandelt.

In Zahlen

Bis zu 500.000
Euro braucht ein Start-up, um flügge zu werden.

140
Business Angels sind auf der „i2“ Börse der Förderbank AWS aufgelistet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.