Galaxy Tab 10.1: Verkaufsstopp nur in Deutschland

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Ein von Apple erwirkter Verkaufsstopp in beinahe der gesamten EU wurde wieder abgeschwächt. Derweil rüstet sich auch Google mit der Motorola-Übernahme gegen anstehende Patentklagen.

Schon seit einiger Zeit beschuldigen in der umkämpften Mobilfunkbranche Unternehmen aller Größenordungen einander nach dem Motto „Jeder gegen jeden“ diverser Patentverletzungen, wobei die meisten Big Player – zu unterschiedlichen Anteilen – sowohl Kläger als auch Beklagte sind.

Letzter Höhepunkt sind die Verkaufsverbote des Galaxy Tab 10.1, das vergangene Woche an den Österreichischen Handel ausgeliefert wurde. Nachdem Samsungs iPad-Rivale (in der US-Version) bereits in Australien nicht verkauft werden durfte, entschied vergangene Woche ein Landgericht in Düsseldorf, dass das Galaxy Tab dem iPad zu ähnlich sei.

Ö: Verkauf vorerst unbehindert

Ein (vorläufiger) Verkaufsstopp in der gesamten EU – mit Ausnahme der Niederlande, wo ein separates Verfahren läuft – wurde Dienstagnachmittag wieder abgeschwächt. Der Verkaufsstopp gilt nun nur mehr für Deutschland. Begründet wird diese Abänderung mit Fragen der Zuständigkeit. Nächster Schritt ist eine Anhörung vor dem Düsseldorfer Gericht am 25. August, bei der erstmals auch Samsungs Gegenargumente gehört werden.

Abgesehen davon, dass sich Apples Klage auf eine recht allgemein gehaltene Beschreibung des iPad stützt, wurden sogar Behauptungen laut, Apple hätte dem Gericht ein manipuliertes Bild des Galaxy Tab – ohne Logo und verzerrt – vorgelegt. Das Seitenverhältnis ist eines der auffälligeren Unterscheidungsmerkmale der beiden Tablets. Ein längerer Disput dürfte folgen. Samsung-Österreich-Mobile-Marketingleiter Paul Irbinger wollte anlässlich der gestrigen Präsentation des Galaxy Tab 10.1 das Verfahren nicht kommentieren, ist aber überzeugt, dass die Verbreitung von Tablets auf Dauer nicht gestoppt werden kann.

In der Causa Galaxy Tab 10.1 geht es primär um die äußere Erscheinung. Aber auch um das Betriebssystem Android sind einige Patentstreitigkeiten entbrannt. Vor diesem Hintergrund ist der Deal zu sehen, der am Wochenende die Mobilfunkbranche aufwirbelte: der Kauf der Mobilfunk-Sparte von Motorola durch Google.

Patente als Faustpfand

Der Handy-Dinosaurier Motorola hält eine Reihe grundlegender Patente, die reiches Material für Gegenklagen liefern dürften, die ein üblicher Schachzug im gegenwärtigen Patente-Spiel sind.

Daneben ist es für Google praktisch, sein Betriebssystem über einen eigenen Hardwarehersteller zu vertreiben. Von Samsung oder HTC in Googles Namen produzierte Handys mit „Android pur“ waren nur mäßig erfolgreich.
Bezüglich Hardwareplattform erinnert einiges an den Deal von Microsoft mit Nokia – mit veränderten Vorzeichen.

Während sich Microsoft als Entwickler eines Betriebssystems mit marginalen Marktanteilen mit dem (noch) größten Hardwarehersteller der Branche verbündet hat, hat sich Google als Erfinder des derzeit verbreitetsten Betriebssystems einen mittlerweile fast marginalen Hardwarehersteller gekauft. Im Gegensatz zu Microsoft ist Google Eigentümer des Hardwarepartners. Das erhöht die Chancen, dass Google-Phones aus dem Hause Motorola rascher realisiert werden als Nokia-Handys mit Windows 7, auf die die Branche ja noch immer wartet.

Googles Strategie ist dennoch nicht ohne Risiko, wie Branchenkenner betonen. Die Popularität von Android fußt auch darauf, dass eine Reihe namhafter Hersteller große Ressourcen in die Entwicklung und Vermarktung von Android-Smartphones steckt. Die – naheliegende – Befürchtung, dass Android-Entwickler Google nun sein Adoptivkind Motorola bevorzugen wird, könnte andere Hersteller dazu bewegen, wieder mehr auf eigene Entwicklungen wie etwa Samsungs Bada zu setzen.

Allerdings relativiert Irbinger: Derartige Zusammenschlüsse wären in der Mobilfunk-Branche nichts Neues und würden die Multi-Platform-Strategie von Samsung nicht ändern: „Trotz des Deals zwischen Microsoft und Nokia produziert Samsung ja auch Smartphones mit Windows 7.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2011)

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