Auf der heurigen Gamescom dominierten Fortsetzungen die Spielewelt. Dabei ist es gar nicht so leicht, das Niveau der Vorgänger zu halten, sagen die Hersteller.
Höher, weiter, schneller, mehr. Das olympische Motto gilt in gewisser Weise auch für die Videospielindustrie. Jahr für Jahr versucht sie, ihre bisherigen Leistungen erneut zu übertreffen. Sei es beim technisch Machbaren oder beim Umfang der Spiele, immer wieder sollen die Entwickler sich gegenseitig übertreffen. Das nimmt bei der Fußballspielserie „Fifa“ fast schon absurde Züge an, wenn der jeweils nächste Teil als „das beste Fifa aller Zeiten“ angepriesen wird. Immerhin, das jugendliche Publikum hauchte ehrfürchtig „geil!“ in den hinteren Reihen, als Electronic Arts das kommende „Fifa 12“ auf der Gamescom in Köln präsentierte.
Fortsetzungen sind Fluch und Segen zugleich für die Hersteller. Mit jedem Anstieg der Versionsnummer verpflichten sie sich, den Vorgänger noch einmal zu verbessern. Die am stärksten beworbenen Spiele auf der größten europäischen Videospielmesse hatten dann auch meist eine „3“ hinten dran. Ubisoft verzichtet beim nächsten Teil der „Assassin's Creed“-Abenteuerspielreihe inzwischen schon auf Zahlen. Chris Lewis, bei Microsoft für den gesamten Spielebereich in Europa verantwortlich, erklärte im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“, dass es oft schwieriger sei, Fortsetzungen zu machen, als neue Pfade zu beschreiten. Er gibt aber zu, dass es „heuer sehr viele Fortsetzungen“ gebe.
Bewegung. Seit einem Jahr suchen sowohl Microsoft als auch Sony für ihre Konsolen Xbox 360 beziehungsweise PlayStation 3 das Heil im Zubehör. Mit den Bewegungssteuerungen Kinect und Move wollen sie neue Zielgruppen erschließen, Gelegenheitsspieler, die sich nicht unbedingt nur an der Grafikpracht von eindrucksvollen Explosionen erfreuen. Hier müsse man aber aufpassen, dass man bei der Vermarktung nicht die unterschiedlich anzusprechenden Zielgruppen gegeneinander aufwiegelt, sagt Lewis. Zwar behauptet Microsoft, dass man mit Kinect auch die Kernkundschaft, die ambitionierten Spieler, ansprechen will, die bisherigen Titel für den Zusatzsensor sprechen aber eine andere Sprache. Umso mehr legt der Hersteller seine Hoffnungen in „Kinect Star Wars“, den ersten richtigen Action-Titel für alle, die gern im Wohnzimmer auf und ab hüpfen. Was davon aber auf der Gamescom gezeigt wurde, wird dem hohen Anspruch, den genau diese Zielgruppe bei Spielen anlegt, leider nicht gerecht.
Tragbar. Sich selbst ständig neu zu erfinden ist nicht so einfach. Sony versucht das gerade mit seiner neuen tragbaren Konsole Vita. Sie soll die betagte PlayStation Portable ablösen und kommt rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft auf den Markt. Die Grafikqualität der Konsole weiß durchaus zu beeindrucken. Wie brauchbar die von Sony angepriesenen zusätzlichen Onlinedienste auf der Vita tatsächlich sind, muss sich aber erst zeigen. Das Gerät soll in einer Version mit WLAN und einer mit zusätzlicher 3G-Verbindung ausgeliefert werden. Der Einstiegspreis orientiert sich mit 249 Euro an den Nintendos 3DS, die auf brillenlose 3D-Effekte setzen. Allerdings stottert dort der Verkauf etwas. Eventuell ein böses Omen für Sonys hoch gesteckte mobile Ambitionen.
Zwischen all den Fortsetzungen und Bewegungstiteln blitzten aber auch ein paar Kleinode bei der Gamescom hindurch. So etwa das ungewöhnliche „Dishonered“, das Spieler in eine düstere Parallelwelt entführt. Ein erfreulicher Lichtblick für die Branche.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2011)