Ein ansehnlicher Don Giovanni mit Wackelkontakten

(c) Staatsoper/Michael Pöhn
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Ein großer Wurf ist dieser „Don Giovanni“ auch beim Wiedersehen nicht. Immerhin läuft das Werkel offenbar wie gewollt: weitgehend gedankenfrei und tadellos narrativ. Musikalisch gibt es wenig zu beckmessern.

Es war also der elfte „Don Giovanni“ der Ära Meyer. Die elfte Vorstellung in der Inszenierung von Jean-Louis Martinoty. Mit dieser Produktion starteten Meyer und Musikdirektor Franz Welser-Möst ja in der letzten Saison ihre Mozart-Da-Ponte-Unternehmung. Ein großer Wurf ist dieser „Don Giovanni“ auch beim Wiedersehen nicht. Aber zumindest konnte er seine Brauchbarkeit fürs Repertoire unter Beweis stellen – und, Hand aufs Herz, der davor in der Oper gespielten Kostümschinken-Grottenbahnfahrt von Roberto de Simone weint man auch keine Träne nach.

Müde Faschingssitzung

Manche der Mätzchen, die sich Martinoty einfallen hat lassen, sind fragwürdig wie am ersten Tag, das Finale des ersten Aktes hat nach wie vor die Dynamik einer müden Faschingssitzung, und ein paar Nonnen, Mägde und weiteres Personal, das immer noch wenig zweckdienlich durch die nächtlichen Fototapeten-Kulissen von Hans Schavernoch läuft, wird der Repertoirealltag vielleicht bald abwerfen. Immerhin läuft das Werkel offenbar wie gewollt: weitgehend gedankenfrei und tadellos narrativ.

Dazu gibt es musikalisch diesmal wenig zu beckmessern. Auch wenn der ursprünglich in der Titelrolle angesetzte Bo Skovhus absagen musste, hat man an der Staatsoper den blutjungen Adam Plachetka im Ensemble, der übernehmen kann. Zur Premiere noch der Masetto, gab er nun also sein Debüt als Titelheld, und es fiel gelungen und vielversprechend aus. Er überzeugt mit seinem gut geführten, dunkel timbrierten Bassbariton, wird mit der Zeit auch die vertrackte Champagnerarie perlender in die Kehle bekommen und seinem blitzsauber gemeisterten Ständchen noch ein paar Nuancen abgewinnen können. Optisch und darstellerisch ist er jedenfalls jetzt schon ein Ideal-Giovanni.

Abgesehen vom quirlig agierenden, aber recht rau singenden Alex Esposito als Leporello und dem brav seinen Komtur orgelnden Albert Dohmen sind alle Partien gegenüber der Premiere neu besetzt. Mit Pavol Breslik hat man einen luxuriösen Don Ottavio, der zarte Piani genauso wie flüssige Koloraturen mit seinem nobel timbrierten Tenor zu singen weiß.

Überzeugend: Myrtò Papatanasiu

Besonders die Frauenriege wurde deutlich aufgewertet. Als Donna Anna feiert Myrtò Papatanasiu, die man aus dieser Rolle bereits aus dem Theater an der Wien kennt, ihren gelungenen Staatsopern-Einstand. Mit gerader, auch zu Dramatik fähiger Stimme überzeugt sie in der heiklen Rolle. Malin Hartelius formt mit ihrem aparten Sopran eine zerbrechliche, intensiv und verzweifelt liebende Elvira und Anita Hartig ist eine bezaubernd lyrische Zerlina. Einziger Wermutstropfen war diesmal die mangelhafte Koordination zwischen Bühne und Orchestergraben. Der junge Patrick Lange am Pult kümmert sich vor allem um das klangschön spielende Orchester und stachelt es nicht selten, zur Überraschung der Sänger, zu rasanten Tempi an.

Das bewirkt eklatante Wackler, besonders in den Szenen mit dem Masetto von Tae Joong Yang, aber auch in den Finali. Bleibt zu hoffen, dass er sich ein Beispiel an Stephen Hopkins nimmt, der bei den Rezitativen am Hammerklavier feinfühlig auf die Sänger hört, damit die „Don-Giovanni“-Ausgaben 12 bis 14 (am 17., 22. und 25. September) zum überzeugenden Miteinander zwischen Bühne und Graben zusammenwachsen können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2011)

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