Wiener VP-Oppositionspolitik: "Konstruktiv" statt hart

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Manfred Juraczka, der am Donnerstag als nicht amtsführender VP-Stadtrat angelobt wird, ist gegen Fundamentalopposition und will mit anderen Parteien kooperieren - mit der Stadtregierung ebenso wie mit der FPÖ.

Die Presse: Sie sind neuer nicht amtsführender Stadtrat einer am Boden liegenden VP. Darf man gratulieren, oder muss man Sie dafür bemitleiden?

Manfred Juraczka: Man kann mir gerne gratulieren. Wir haben im letzten Oktober aber ein Ergebnis eingefahren, das weit unter unseren Möglichkeiten liegt. Jetzt geht es um einen Neustart.

Wie soll dieser Neustart aussehen?

Intern die Kommunikation zu verbessern, andererseits konstruktive Oppositionspolitik zu machen.

Ein nicht amtsführender Stadtrat hat weder Aufgabengebiet noch Budget. Haben Sie nicht einen unnötigen Job?

Skandale wie der Pratervorplatz zeigen, dass Kontrolle extrem wichtig ist. Das ist eine maßgebliche Funktion der nicht amtsführenden Stadträte. Sie sollen auch politische Gegenmodelle entwerfen. Es geht um die drei Punkte Eigentum, Eigenverantwortung und Einsatz.

Der Öffentlichkeit wurden Sie bekannt, weil Sie einen DNA-Test für Hunde gefordert hatten, um die Verursacher der Hundstrümmerl ausfindig zu machen.

Ich habe mich damals darum gekümmert. Die Stadt hat reagiert: Es gibt mehr Automaten mit Hundesackerln, es wird auch gestraft. Das Problem ist nun entschärft.

Welche Linie soll die ÖVP fahren, damit sie wieder auf die Beine kommt?

Ich führe keine Diskussion über liberal oder konservativ. Es geht um konstruktive Gegenmodelle zur Stadtregierung, z. B. mit attraktiveren Öffentlichen, deren Tarife nicht verteuert werden dürfen.

Da sind Sie auf der Linie der Grünen.

Man muss Anreize zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel geben. Es muss auch ein Miteinander im Straßenverkehr geben. Das gilt auch für Radfahrer.

Die Grünen wollen nun flächendeckend Tempo 30 in Wien. Sie auch?

Bei Schulen und Krankenhäusern mag es sinnvoll sein, ich bin aber gegen eine flächendeckende Einführung in Wien. Wenn jetzt bei den Grünen aber schon von Tempo-20-Zonen die Rede ist, ist das nur noch reine Schikane.

Wird es eine engere Zusammenarbeit mit der FPÖ geben?

Es kann eine Zusammenarbeit geben, z.B. bei der Stärkung der Familie oder der Sicherheit. Aber es kann genauso mit den Grünen eine Zusammenarbeit geben. Bei den Themen Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit bin ich gerne dazu bereit, ein Mitstreiter von Maria Vassilakou zu sein.

Es wird also keine harte, kantige Oppositionspolitik geben?

Es wird eine konstruktive Oppositionspolitik geben.

Wie viel Zeit soll sich die Partei für die Suche nach einem neuen Chef nehmen?

Eine sorgsame Auswahl geht vor Zeit. Der Obmann oder die Obfrau soll vor Weihnachten gefunden werden. Es muss bei den Wahlen gelingen, die ÖVP wieder zu stärken.

Haben Sie Interesse an diesem ungeliebten Job als neuer Obmann?

Wenn ich mich meiner Aufgabe im Stadtsenat so widme, wie ich es möchte, bin ich mit dieser Arbeit ausgefüllt.

Zur Person

Manfred Juraczka (42) ist ab heute, Donnerstag, neuer nicht amtsführender VP-Stadtrat. Er folgt Wolfgang Gerstl nach, der in den Nationalrat gewechselt ist. Der Vater eines zehnjährigen Sohnes ist auch VP-Bezirksparteiobmann in Hernals und war dort einige Jahre Bezirksvorsteher-Stellvertreter. Er bekleidete bereits verschiedene Funktionen innerhalb der jungen ÖVP und des ÖAAB. Bis zu seiner Angelobung als Stadtrat war Juraczka Marketing- und Salesmanager bei Alcatel. [Bruckberger]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2011)

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