Nokia bringt sein esrtes und letztes Handy mit MeeGo-Betriebssystem auch nach Österreich. Termin und Preis stehen fest, die Zukunft von MeeGo sieht aber schlecht aus.
Nokia hat ein neues Smartphone vorgestellt. Statt des erwarteten Geräts mit Windows Phone an Bord, gibt es für das Nokia N9 aber ein anderes Betriebssystem: MeeGo wird eingesetzt, und soll einerseits als technische Machbarkeitsstudie dienen und andererseits das Herz der Konsumenten vermutlich noch heuer erobern. DiePresse.com konnte sich das Gerät bereits näher ansehen.Text und Bilder: Daniel Breuss (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Beim Material setzt Nokia auf Polycarbonat, das besonders widerstandsfähig und leicht sein soll. Außerdem werde dadurch nicht die Antennenleistung beeinträchtigt, weshalb man aufgrund der mitgelieferten Navi-Software "das beste Navigationsgerät auf dem Markt" gebaut habe, sagt Nokia-Produktmanager Christoph Mahr. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Das Gehäuse ist mit 135 Gramm nicht das leichteste. aber auch nicht sonderlich schwer. Mit 11,6 mal 6,1 mal 1,2 Zentimetern ist es größentechnisch auch noch im Rahmen. Das Display, gesichert unter einer gekrümmten Schicht Gorilla Glass, bietet eine Diagonale von 3,9 Zoll und eine Auflösung von 854 x 480 Bildpunkten. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Dank AMOLED-Technik präsentieren sich die Farben leuchtend und knackig. Beim Bedienkonzept setzt Nokia komplett auf den Touchscreen. Knöpfe gibt es lediglich auf der Seite zum Einschalten und für die Lautstärke. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Vier Standard-Apps lassen sich direkt vom Sperrbildschirm aus aufrufen, wenn man ihn nach oben schiebt. Ansonsten gibt man das Gerät frei, indem man den Inhalt zur Seite wischt. Der horizontale Wischer ist generell die Hauptbewegung, die man als Nutzer braucht. Allerdings klappt das nur, wenn man ganz am Rand des Bildschirms damit beginnt. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Einmal entsperrt, offeriert das N9 die Liste der installierten Apps. Optisch lehnt sich das Gerät dabei an Symbian Anna, aber auch beim iPhone an. Positiv fällt auf, dass es flott auf Eingaben reagiert und auch ohne Verzögerungen scrollt. Bisher waren das Schwachstellen von Nokia-Smartphones. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Wie bei der Konkurrenz lassen sich die Apps verschieben oder auch löschen. Letzteres klappt aber nur mit aus dem Nokia Store heruntergeladenen Anwendungen. Ordner zum besseren Zusammenfassen der Apps gibt es nicht. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Richtet man das Gerät das erste Mal ein, kann man gleich eine Fülle an verschiedenen Benutzerkonten angeben. Vom klassischen Exchange-E-Mail-Konto bis zum Picasa-Account wird fast jeder erdenkliche Dienst unterstützt. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Hat man sein Gerät eingerichtet, scheinen die neuesten Mitteilungen, Statuseinträge und Benachrichtigungen in einem weiteren Homescreen auf. Er ist links vom App-Screen angeordnet und wird mit einem Wischer nach rechts erreicht. Egal ob Facebook, SMS, E-Mail oder Updates. Hier wird alles zusammengefasst. Das erinnert sehr an Androids Notification Bar. Allerdings sollte das als Kompliment zu verstehen sein, da das eine der besten Funktionen des Google-Systems ist. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Wichtige Schnell-Einstellungen sind über Antippen des Antennen-Symbols im oberen linken Bildschirmrand erreichbar. Nokia hat das grafische Design des Hauptmenüs konsequent durchgezogen und in jedem Unterpunkt umgesetzt. Dadurch wirkt das Gerät wie aus einem Guss entworfen. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Die Kamera bietet offiziell 8 Megapixel. Bei dem ausprobierten Prototypen bot die App aber maximal nur 7 Megapixel an. Hoffentlich entscheidet sich das N9 bis zum Marktstart dann für eine Auflösung. Videos schießt das Gerät im HD-Format 720p mit kontinuierlichem Autofokus. Für Beleuchtung ist dank Dual-LED-Blitz gesorgt. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Einmal geknipst, lassen sich die Fotos auch mit Freunden und den diversen Kommunikationsplattformen, die man bei der Einrichtung festlegt, teilen. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Für Videochats gibt es auf der Vorderseite rechts unten noch eine Kamera. Warum gerade dort? Nokia behauptet, Personen würden dann freundlicher wirken, wenn sie ein bisschen von unten aufgenommen werden. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Der Browser basiert auf dem Grundgerüst Webkit 2 und soll auch HTML5 reibungslos beherrschen. Von Adobe Flash ist aber leider keine Rede. Tabbed Browsing gibt es leider nicht, jede neue Seite gilt gewissermaßen als eigene Instanz und wird als solche einzeln im Multitasking-Menü dargestellt. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Dieses bietet großflächige Vorschaubilder auf die gerade geöffneten Anwendungen. Angeblich soll es keine Einschränkungen geben, wieviele Apps gleichzeitig geöffnet sein können. Anstatt nur Screenshots zu bieten, handelt es sich um Live-Vorschauen. Eine demonstrierte Kompassanwendung zeigte auch in diese Mini-Ansicht stets nach Norden. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Will man seine geöffneten Apps wieder schließen, funktioniert das nach demselben Prinzip wie bei anderen Herstellern: Länger draufdrücken und per rotweißem "X" schließen. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Mit Nokia Drive besitzt das N9 auch eine vollwertige Navigations-App. Als Kartenmaterial steht ganz Westeuropa zur Verfügung, wobei nicht alles vorinstalliert ist. Kunden können die benötigten Länder aber nachladen. Die Menüstruktur und Benutzerführung wurde an den MeeGo-Stil angepasst und für leichtere Fingerbedienung vergrößert. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Was wäre ein Smartphone ohne Bildschirmtastatur? Die beim N9 integrierte wirkt etwas klein, lässt sich aber reibungslos und flott benutzen. Oben im Bild sieht man die Suchfunktion für Apps, die von Haus aus beim Gerät inkludiert ist. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Die E-Mail-App wirkt aufgeräumt und konzentriert sich aufs Wesentliche. Es dürfen mehrere Nachrichten ausgewählt und gelöscht oder verschoben werden. Ordnerunterstützung ist ebenfalls vorhanden. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) In den Einstellungen finden sich keine Überraschungen. Als Zugeständnis an aktuelle Entwicklungen hat Nokia die Nahbereichsfunktechnik NFC inkludiert. Allerdings nur halb. Denn für mobile Zahlungen, etwa als Kreditkartenersatz, sei das Gerät nicht gerüstet, sagt Produktmanager Christoph Mahr. Man halte aber die Entwicklung im Auge. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Und ja, man stelle sich vor: Telefonieren lässt sich mit dem Nokia N9 auch. Dank des Kunststoff-Gehäuses soll die Empfangsqualität besser als bei vergleichbaren Geräten mit Metallumrandung sein. Diese Behauptung wird aber erst überprüft werden müssen. Bei der SIM-Karte setzt Nokia übrigens wie Apple auf das kleinere Micro-SIM-Format. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Wo war dieses Gerät vor einem Jahr? Hätte Nokia das N9 kurz nach Bekanntgabe seiner MeeGo-Kooperation mit Intel veröffentlicht, gebe es heute wohl kaum eine Diskussion über Krisen und Windows Phone. Das Handy reagiert flott, bietet alle nötigen Funktionen und eine durchdachte Benutzerführung. Aufgrund der Entwicklungen der letzten Monate gibt es aber mehrere Dinge zu bedenken: Einerseits die App-Vielfalt. Zwar lässt sich dank Qt-Grundgerüst gleichzeitig für Symbian und MeeGo programmieren. Ob die Entwickler aber auf den Zug aufspringen, ist fraglich. Symbian wird noch bis 2016 unterstützt. Wie das mit MeeGo aussieht, ist noch unbekannt. Das N9 könnte gewissermaßen das letzte Einhorn des Systems sein. Für Entwickler und Kunden nicht gerade eine rosige Aussicht. Und fraglich, ob Nokia neben Symbian, Windows Phone und seiner Billig-Schiene noch ein Betriebssystem wirklich ausführlich unterstützen kann. Zu hoffen wäre es. Denn in dieser Inkarnation wirkt MeeGo sympathisch und funktionell. Genaueres wird aber erst ein ausführlicher Testbericht zeigen müssen. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Verspäteter Befreiungsschlag Nokia hat den Verkaufsstart des MeeGo-Smartphones N9 bekannt gegeben. In Österreich ist das Gerät ab 14. Oktober erhältlich. Die Preisempfehlung liegt bei 619 Euro für die 16-Gigabyte-Version und 679 Euro für 64 Gigabyte Speicher. Das 16:9-Display bietet 3,9 Zoll in AMOLED-Technik; das Gehäuse besteht aus Polycarbonat und wird in den Farben Schwarz, Blau und Rosa geliefert.
Dem Linux-Betriebssystem MeeGo steht keine rosige Zukunft bevor. Das N9 wird wohl das erste und letzte Handy mit dem System bleiben. Entwickelt wurde es von Nokia und Intel, die es 2010 auf dem Mobile World Congress in Barcelona vorstellten. Mit dem Strategiewechsel unter dem neuen Chef Stephen Elop verlor das Projekt an Bedeutung. Nokia will künftig primär auf Microsofts Windows Phone setzen, MeeGo aber zumindest bis 2015 unterstützen.
Das Nokia N9 wird in Österreich auch bei den Mobilfunkern T-Mobile, Orange und Drei erhältlich sein.
(Red. )
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