"Heute"-Miteigentümer soll SPÖ sanieren

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rote Eminenz(c) Teresa Zötl
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Der 73-jährige Miteigentümer der Gratiszeitung "Heute" Günther Havranek soll die SPÖ sanieren. Der Schuldenstand der Partei beträgt dem Bundesgeschäftsführer zufolge immerhin fünf Millionen Euro.

Günther Havranek war schon bisher ein sehr viel beschäftigter Mann. Der fotoscheue 73-jährige Wirtschaftstreuhänder vertritt das Bundeskanzleramt im Vorstand der Albertina, er sitzt in der Stiftung „Rettet den Stephansdom“, ist Gründer der „Tierschutz-Stiftung“ und leitet den Aufsichtsrat-Vorsitz der Merkur GmbH (die Teile des SP-Parteivermögens enthält). Vor allem aber ist er offizieller Miteigentümer der Wiener Gratis-U-Bahn-Zeitung „Heute“, über deren Verbindungen zur SPÖ und zur „Kronen Zeitung“ heftig spekuliert wird. Seit ein paar Monaten hat Havranek, wie das Magazin „Profil“ in seiner Montagsausgabe berichtet, nun auch einen neuen Job: Er soll die SPÖ sanieren.

Und zwar, wie Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter der „Presse“ bestätigt, auf direkten Vorschlag von Bundeskanzler Werner Faymann. Allerdings, schränkt Kräuter ein, sei Havranek nur einer von mehreren externen Experten (außer Havranek lässt man sich noch von einer Steuerberatungskanzlei beraten), deren Know-how man für eine Organisationsveränderung zugekauft habe. Die Strukturreform, so Kräuter, sei schon länger geplant gewesen und werde nun in der wahlfreien Zeit umgesetzt. Der Partei geht es finanziell nämlich nicht besonders: Der Schuldenstand beträgt dem Bundesgeschäftsführer zufolge immerhin fünf Millionen Euro.

Umbau in der Löwelstraße. Schuld daran ist der vergangene Wahlkampf, aber auch die Kürzung der Parteiförderung (heuer um 3,6 Prozent, nächstes Jahr um 5,6 Prozent) würden, so Kräuter, zur angespannten Lage beitragen. „Wir haben einfach zu hohe Personalkosten“, so Kräuter zur Löwelstraße, wo es etwa 60 hauptberufliche Mitarbeiter gibt. Drei prominente müssen – dem Vernehmen nach eher unfreiwillig – gehen: Der leitende Sekretär für Finanzen Helmut Fiala und Sonja Artner, die Leiterin der Rechts-und Personalabteilung, die bereits aufgelöst wurde, sind definitiv weg. Reinhard Buchinger, der langjährige Organisationschef der SPÖ-Zentrale, wird laut Austria Presseagentur bis Jahresende weichen.

Die Aufgaben des Trios werden aufgeteilt, mit Manfred Lamplmair, so heißt es, soll sich künftig ein Vertrauter von Co-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas um die Organisationsfragen kümmern. Gerüchte, dass die Umstrukturierung vor allem Mitarbeiter von Kräuter (und nicht von Rudas) betreffe, bestreitet dieser. Der Strukturumbau sei ein gemeinsames Projekt.

„Heute“ als Inseratenkaiser. Die aktuellen Maßnahmen hängen, wie Kräuter sagt, zwar „nur zum Teil“ direkt mit Empfehlungen Havraneks zusammen. Trotzdem ist der Zeitpunkt, zu dem Havraneks Beratungstätigkeit publik wird, für die SPÖ unangenehm. Die Meldung platzt mitten in die „Asfinag-ÖBB-Inseraten-Affäre“ rund um Bundeskanzler Faymann. Wie die „Presse“ in den vergangenen Tagen berichtete, belegen etwa interne Aktenvermerke der Asfinag aus dem Jahr 2007, dass zahlreiche Kooperationen mit Tageszeitungen vom Büro Faymann vereinbart, abgeschlossen und kontrolliert wurden. „Heute“ wiederum ist eine jener Zeitungen, die besonders stark von politischen Inseraten profitiert: Laut dem Media-Focus-Werbebarometer erhält „Heute“ 15,5 Prozent der Politikwerbung. Insgesamt stammen 28 Prozent ihrer Inserate von Parteien, öffentlichen Institutionen und staatsnahen Firmen.

Wer steht hinter Havranek? Was auch die seit der Gründung der Gratiszeitung laufende Debatte um ihre Eigentümer anheizt. Die Eigentümer-Konstruktion ist nämlich einigermaßen verwirrend: Laut Firmenbuch gehört „Heute“, das von Eva Dichand herausgegeben wird, über den AHVV-Verlag einerseits zu 74 Prozent dem Fidelis Verlag, der wiederum zu 51 Prozent Havranek gehört, und anderseits zu 26 Prozent der Periodika Privatstiftung, der er mit Wolfgang Jansky („Heute“-Geschäftsführer und früherer Pressesprecher von Werner Faymann, als der noch Wiener Wohnbaustadtrat war) vorsteht.

Was Havranek, wie „Profil“ folgert, zum Mehrheitseigentümer macht. Eigentlich. Tatsächlich wurde seit jeher spekuliert, ob Havranek seine Anteile treuhänderisch für jemand anderen hält: entweder für die „Kronen Zeitung“, der kurz vor der „Heute“-Gründung von der WAZ ihr eigenes Gratisblatt abgedreht wurde. Oder aber dass die SPÖ hinter der Konstruktion stecke, immerhin war auch SP-Staatssekretär Josef Ostermayer von 2003 bis 2004 Vorstand der Urbania Privatstiftung, die damals indirekt am AHVV-Verlag beteiligt war. Havranek selbst hat beide Varianten stets heftig dementiert. Trotzdem ist es kein Wunder, dass „Heute“ im Zuge des Medientransparenzgesetzes auch zum Zankapfel in der Koalition geworden ist. Die ÖVP will unbedingt die Eigentumsverhältnisse von Medien – Treuhand-Konstruktionen inklusive – offenlegen, die SPÖ nicht.

Havranek, der schon mit Helmut Zilk ein enges Verhältnis pflegte und den Alfred Worm einmal, gar nicht so unpassend, „rote Eminenz“ nannte, hat indessen schon wieder andere Dinge zu tun: Neben seinem Sanierungsjob widmet er sich der neuen Privatstiftung QMM, einer Periodika-Tochter, die etwa die SPÖ-nahe Mieterzeitung „Fair Wohnen“ produziert. An deren Relaunch arbeitete, wie der „Falter“ zuletzt recherchierte, Martina Ludwig-Faymann, Ehefrau des Kanzlers, mit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2011)

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