ÖVAG und RZB müssen Kapital massiv aufstocken

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VOLKSBANK AG(c) APA/HANS KLAUS TECHT (Hans Klaus Techt)
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Nach dem EU-Gipfel brauchen Banken ein höheres Eigenkapital. Die RZB und die Volksbanken AG sind besonders betroffen.

Für Österreichs Großbanken ist nun der Beginn der Kapitalsuche eingeleitet: Um die neue Vorgabe einer Kernkapitalquote von 9 Prozent bis Ende Juni 2012 zu erfüllen, müssen die heimischen systemrelevanten Banken um 2,9 Milliarden Euro aufstocken. Davon entfallen 1,907 Milliarden auf die Raiffeisen Zentralbank (RZB), 972 Millionen Euro auf die Österreichische Volksbanken-AG (ÖVAG) und lediglich 59 Millionen Euro auf die Erste Group, teilten die Institute heute Donnerstag am Tag nach dem Krisengipfel mit. Die von der Europäischen Bankenaufsicht EBA ermittelten Zahlen seien aber vorläufig und würden noch mit Stand Ende September neu erstellt, betonten die Banken. Der Kapitalbedarf könne sich also noch ändern.

Von der RZB kam prompt Kritik: Der von der EBA angegebene Kapitalbedarf sei zu hoch. So sei das von privaten Investoren gezeichnete Partizipationskapital von 1 Milliarden Euro nicht berücksichtigt worden. Ein Ergebnis für den Teilkonzern der RZB, der börsenotierten Raiffeisen Bank International (RBI), habe die EBA nicht ermittelt, es hätte aber einen geringeren rechnerischen Kapitalbedarf ergeben, so die RZB weiter. Die im Juli 2011 publizierten Stresstestergebnisse hätten die RBI als gut kapitalisiert ausgewiesen. Als Ergebnis der Stressannahme habe die Kernkapitalquote 7,8 Prozent betragen. Aus heutiger Sicht werde der RZB-Konzern für den zusätzlichen Kapitalbedarf keine staatliche Hilfe benötigen. Der RZB-Konzern habe kein Griechenland- und Irland-Sovereign-Exposure und ein geringes Exposure gegenüber Italien, Spanien und Portugal.

ÖVAG auf Rückzug

Von der ÖVAG wird auf den bereits eingeleiteten Verkleinerungsprozess verwiesen. Die Bank arbeite daran, durch Maßnahmen wie den Rückzug aus dem CEE-Geschäft den Kapitalbedarf zu realisieren, betonte Generaldirektor Gerald Wenzel. "Zudem werden wir uns mittelfristig aus manchen Geschäftsfeldern zurückziehen und uns stärker auf das originäre Geschäft einer genossenschaftlichen Bank und somit auf das traditionelle Bankgeschäft in Österreich fokussieren". In der Berechnung sei etwa der Verkauf der VBI-Bank noch nicht enthalten. Derzeit laufen "fortgeschrittene Projektarbeiten" mit den regionalen Volksbanken zur Umgestaltung des Genossenschaftsverbundes. Die ÖVAG strebt auch den Verkauf ihres 6-Prozent-Anteils an der Raiffeisen Zentralbank (RZB) an.

Die Erste Group braucht nach vorläufigen Berechnungen 59 Millionen Euro, um ihr hartes Kernkapital wie vom EU-Gipfel gefordert auf neun Prozent zu erhöhen. Diese Berechnung beziehe sich auf die Daten zum Halbjahr 2011 und werde auf Basis des Abschlusses zum 3. Quartal voraussichtlich im November von EBA endgültig festgelegt werden und "die Auswirkungen der von der Erste Group kürzlich bekanntgegebenen Maßnahmen" berücksichtigen, so die Bank. Die Erste hatte ihre Gewinnprognose drastisch revidiert und erwartet nun einen Jahresverlust von bis zu 800 Millionen Euro.

Kapitalpläne bis Jahresende

Die österreichischen Großbanken müssen der Finanzmarktaufsicht (FMA) und damit der europäischen Bankenaufsicht EBA bis Jahresende ihre Kapitalpläne vorlegen, teilte FMA-Vorstand Helmut Ettl der APA mit. Bis dann müssen die Banken verbindlich darlegen, wie sie die neuen scharfen Kapitalvorgaben bis Juni 2012 zu erzielen gedenken. Ettl geht davon aus, dass die neuen Zielwerte für die Institute "machbar" sind, und dass sie auch ohne zusätzliche Staatshilfe umsetzbar seien. "Natürlich", so fügte er hinzu, stünde das staatliche Bankenpaket als back-up bereit. Laut Nationalbank und FMA ist vor allem von staatlichen Garantien für Emissionen die Rede.

Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny warnte vor einer Kreditklemme. Die Gipfelbeschlüsse zur Bankenrettung seien positiv, weil sie die Stabilität und das Vertrauen in die Banken stärken, aber die darin den Banken vorgegebenen Termine seien "sehr kurz" sagte Nowotny am Donnerstag im "Mittagsjournal" des ORF-Radio. Diese einzuhalten werde nicht einfach, man werde sehr vorsichtig sein müssen, um nicht negative gesamtwirtschaftliche Effekte zu erzeugen. Eine Verringerung der Kreditvergabe der Banken sei "denkbar", weil Banken vermutlich kein staatliches Kapital aufnehmen wollen, erwartet Nowotny. Wenn sie nicht genug Kapital erhalten, könnten sie ihre Kreditvergabe verringern, um die Kernkapitalquote auf neun Prozent zu erhöhen.

"Fehlender Wachstumsfokus"

Während Wifo-Chef Karl Aiginger nach dem Gipfel beim Maßnahmenpaket einen fehlenden "Wachstumsfokus" feststellte, warnte IHS-Chef Bernhard Felderer vor den Gefahren, die von der Hebelung des EFSF Rettungsschirmes auf 1 Billion Euro für die verbliebenen Triple-A-Länderratings in der Eurozone ausgingen. Vor allem das Länderrating von Frankreich könnte wieder in Frage gestellt werden, meinte auch Raiffeisen-Analystin Julia Neudorfer. Österreich stehe dagegen fundamental besser da.

Besonders hervorgehoben wurde von den Experten die auch in Zukunft bestehende Möglichkeit der Europäischen Zentralbank (EZB), Staatsanleihen aufkaufen zu können. Auch Europa benötige wie die USA einen "Käufer der letzten Stufe", um Marktunsicherheiten ausgleichen zu können, meinte Aiginger. Dies dürfe nicht mit "Inflationsgefahr" vermischt werden. Bank Austria-Chef-Ökonom Stefan Bruckbauer bezeichnete die EZB als das "wichtigste Kriseninstrument" überhaupt. Das Bankenpaket dagegen schwäche die Banken und sei überflüssig.

Nicht ganz sicher waren sich die Befragten Experten, ob der für Privatinvestoren beschlossene 50 Prozent-Schuldenschnitt für Griechenland auch von den Märkten als "freiwillig" eingestuft werden wird. Neudorfer geht zudem davon aus, dass dies nicht der allerletzte Schuldenschnitt war. Das Land werde sich auch mit einer auf 120 Prozent reduzierten Schuldenquote nicht über die Kapitalmärkte finanzieren können.

(APA)

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