Euro-Schuldenkrise fordert erstes Opfer an Wall Street

EuroSchuldenkrise fordert erstes Opfer
EuroSchuldenkrise fordert erstes Opfer(c) Reuters (Andrew Kelly)
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Der Wertpapierhändler MF Global hat sich mit europäischen Staatsanleihen im Volumen von 6,3 Milliarden Dollar verspekuliert.

Drei Jahre nach dem Untergang der US-Investmentbank Lehman Brothers steht schon wieder eine namhafte Wall-Street-Firma vor dem Aus. Der Wertpapierhändler MF Global beantragte am Montag in New York Gläubigerschutz nach Kapitel elf des US-Insolvenzrechts. Es ist das erste größere Opfer der Euro-Schuldenkrise an der Wall Street.

MF Global wickelt etwa für Hedgefonds deren Geschäfte mit Währungen, Derivaten oder Rohstoffen ab. Das Haus hatte aber auch selbst mit europäischen Staatsanleihen im Volumen von 6,3 Milliarden Dollar (4,5 Mrd. Euro) spekuliert - das scheint MF Global zum Verhängnis geworden zu sein.

Erinnerungen an Lehman-Pleite

Die Marktturbulenzen, die das Drama um die Rettung von Griechenland ausgelöst hatten, haben schwer auf MF Global gelastet. Die Firma fuhr alleine im dritten Quartal einen Verlust von 192 Millionen Dollar ein. Die Ratingagenturen Moody's und Fitch stuften die Kreditwürdigkeit in der Folge auf Ramschniveau herunter. Der Kurs des börsennotierten Wertpapierhändlers war in der vergangenen Woche um 67 Prozent eingebrochen.

Die jetzige Pleite erinnert an den Bankrott von Lehman Brothers vor drei Jahren, ist in den Ausmaßen aber nicht vergleichbar: MF Global hat mit annähernd 2900 Mitarbeitern gerade mal ein Zehntel der Mannstärke von Lehman Brothers. Zudem sind die Verflechtungen innerhalb der Finanzbranche weit weniger stark ausgeprägt als bei der damals viertgrößten Investmentbank der Welt.

Bankaktien leiden

Die Bankaktien gaben im frühen New Yorker Handel allerdings nach: Die Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley sowie die führenden Großbanken JPMorgan Chase, Citigroup und Bank of America verloren zwischen 3 und 6 Prozent. Die Titel der Deutschen Bank bauten ihre Verluste in Frankfurt bis zum späten Nachmittag auf 9 Prozent aus.

Auch der Name des deutschen Branchenprimus, die Deutsche Bank, taucht in der langen Liste der Gläubiger von MF Global auf - allerdings in seiner Funktion als Treuhänder. Dabei nimmt die Deutsche Bank die Interessen Dritter wahr. Inwiefern die Frankfurter auch mit eigenem Geld bei dem Wertpapierhändler engagiert sind, dazu äußerte sich ein Banksprecher nicht.

Insolvenzantrag bedeutet nicht das Ende

Der Insolvenzantrag bedeutet allerdings nicht automatisch das Ende von MF Global. Das Unternehmen kann unter Aufsicht des Gerichts weiterarbeiten und versuchen, wieder auf die Beine zu kommen oder einen Käufer zu finden. Dabei müssen die Gläubiger aber üblicherweise auf große Teile ihrer Forderungen verzichten.

Lehman Brothers war kein Neuanfang vergönnt. Die Investmentbank war im September 2008 unter der Last von Fehlspekulationen auf dem US-Hypothekenmarkt zusammengebrochen und hatte damit um ein Haar die gesamte Finanzwelt mit in den Abgrund gerissen. Überall auf der Welt mussten die Steuerzahler rettend einspringen. Bis heute warten die Gläubiger von Lehman auf ihr Geld.

(Ag.)

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