Felderer: Österreichs „Triple A“ wackelt

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Wegen der Probleme in Italien gerät auch Österreichs Topbonität in Gefahr, warnt IHS-Chef. In zwei Wochen kommen Vertreter von Moody's nach Wien. Regierung soll eine gesetzliche Schuldenbremse einzuführen

Wien/Höll. Nach Nationalbank-Präsident Claus Raidl schlägt jetzt auch Bernhard Felderer, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Alarm: Wegen der Probleme in Italien sieht er Österreichs Spitzenrating gefährdet. Verschlechtert sich die Kreditwürdigkeit eines Landes, verteuert sich auch die Geldaufnahme für Banken und Firmen – und damit indirekt für Privatpersonen. Felderer forderte die Regierung am Mittwoch auf, rasch eine gesetzliche Schuldenbremse einzuführen: Das wäre ein Signal an die Finanzmärkte und würde Schutz vor einer Ansteckung durch die Schuldenkrise in Italien bieten. In Rom spitzte sich die Situation trotz der Rücktrittsankündigung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi zu: Die Renditen für Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren sind erstmals seit der Euro-Einführung über die Marke von sieben Prozent gestiegen – so viel muss die Regierung in Rom zahlen, wenn sie Geld an den Kapitalmärkten aufnimmt.

Rettungsschirm reicht nicht aus

Am Nachmittag kletterten die Renditen auf 7,5Prozent. Ab einer Marke von sieben Prozent wird es für ein Land gefährlich. „Wenn es auf sieben Prozent geht, dann befindet man sich in einer Region, in der eine Rettung notwendig wird“, hatte jüngst Irlands Finanzminister, Michael Noonan, erklärt. Zwar kauft die Europäische Zentralbank seit Wochen im großen Stil italienische Staatspapiere auf, doch die Maßnahme brachte wenig. Die Währungshüter sitzen bereits auf Anleihen gefährdeter Staaten im Wert von 183 Mrd. Euro. Wie viele davon auf Italien entfallen, wird nicht bekannt gegeben.

„Die EZB kann nicht dauerhaft einspringen“, warnt Felderer. Auf Spekulationen, ob nach Griechenland auch in Italien ein Schuldenschnitt droht, wollte er sich nicht einlassen. Auch wenn der europäische Rettungsfonds EFSF durch einen Hebel auf eine Billion ausgedehnt werden soll, reiche dieser laut Felderer bei Weitem nicht aus, um der drittgrößten Volkswirtschaft in der Eurozone zu helfen.

Österreichs Wirtschaft ist eng mit dem südlichen Nachbarland verwoben. Alleine die heimischen Banken geben ihre Außenstände gegenüber Italien mit 16,5 Mrd. Euro an. Schafft es die Regierung in Rom nicht, hätte auch Österreich ein Problem, meint Felderer: „Es kann passieren, dass auch österreichische Anleihen dann seltener gekauft werden, was auch hierzulande hohe Zinsen für die Staatsschuld bedeutet.“ In der Eurozone gibt es noch sechs Länder, die über eine Spitzenbonität (TripleA) verfügen. Deutschland, Finnland, Luxemburg und die Niederlande werden ihr gutes Rating behalten. Die gefährdetsten Länder seien Frankreich und Österreich „aufgrund der Schulden- und Budgetsituation“, hatte Raidl in der Vorwoche gewarnt. Seinen Berechnungen zufolge wird sich der Anteil die österreichischen Staatsschuld bis 2012 um weitere zwei Prozentpunkte auf mehr als 74 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöhen. Rechnet man noch Positionen wie Bahn oder Spitäler dazu, seien es aktuell 85Prozent und im kommenden Jahr 87Prozent. In der EU sind aber nur 60 Prozent erlaubt.

Fekter gegen Raidl und Felderer

Raidls Äußerungen wurden von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) zurückgewiesen: „Das Triple-A-Rating ist nicht gefährdet.“ Ob dem so ist, wird sich bald zeigen. Laut Felderer kommen in den nächsten zwei bis drei Wochen Analysten der Ratingagentur Moody's nach Wien. Felderer schloss nicht aus, dass Österreich bei dieser Überprüfung ein „negativer Ausblick“ bescheinigt werden könnte: „Österreich sitzt nicht so sicher auf seinem TripleA, wie wir das gerne hätten.“ Von allen Triple-A-Ländern in Europa zahlen Österreich und Frankreich bei der Geldaufnahme bereits die höchsten Zinsen.

Um die Ratingagenturen zu beruhigen, will die ÖVP nun schnell eine „Schuldenbremse“ in der Verfassung verankern. Die SPÖ zeigt sich verhandlungsbereit, doch der ÖVP-Entwurf enthalte offene Fragen.

>>> Karte: Welche Länder noch ein "AAA" besitzen

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2011)

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