Österreich hat viele Jefferson Countys

In den USA werden hoch verschuldete Gemeinden „fallen gelassen“ – eine für Österreich unvorstellbare Lösung.

Es ist durchaus bemerkenswert, was im amerikanischen Jefferson County passiert: Private Kreditgeber müssen um 4,1 Mrd. Dollar bangen, weil die gewählten Vertreter des idyllischen Flecks in Alabama nicht ordentlich gewirtschaftet haben. Weitere Kredite für noch höhere Schulden waren nicht mehr zu bekommen. Also musste die Gemeinde die Insolvenz anmelden. Dafür bezahlen wird unter anderem die Großbank JP Morgan – der größte Gläubiger.

Sich als Gemeinde mit 4,1 Mrd. Dollar zu verschulden ist fahrlässig, möchte man meinen. Stimmt. Einzig: Im Vergleich zu Österreichs Kommunen steht das 650.000 Seelen zählende Jefferson County ziemlich gut da. 6300 Dollar pro Kopf beträgt dort der Schuldenstand. Darüber können die Bewohner von Gramais in Tirol nur schmunzeln. Sie stehen mit 35.000 Euro je Nase in der Kreide. Das deutlich größere Hinterstoder wiederum bringt es auf 12.600 Euro.

Gut so. Immerhin verfügt Gramais über eine Feuerwehr, eine Bergwacht und ein Heimatmuseum. Man gönnt sich ja sonst nichts. Die Banken müssen sich um ihr Geld auch nicht sorgen – ganz anders als im rauen Alabama. Der Bund wird's schon richten, Gemeinden können schließlich niemals bankrottgehen. Und wenn dem Bund irgendwann doch die Luft ausgeht? Aber was. Ein bissl wird es schon noch gehen.

E-Mails an: stefan.riecher@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2011)

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