Wer hat Angst vor der Mariahilfer Straße neu?

(c) Clemens Fabry
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Bürgerskepsis bei der Präsentation von Modellen, um den Autoverkehr auf der Einkaufsstraße zu verringern. Als Initiatoren des Projekts sehen Vertreter der Stadt Wien naturgemäß eher die Vorteile.

Wien. „Wo kann man denn hier unterschreiben?“, fragt eine Dame, und sieht sich suchend um. Susanna Jaeckel wohnt eigentlich im achten Bezirk, will aber trotzdem ihre Meinung zum geplanten Umbau der Mariahilfer Straße kundtun. Sie ist gegen die Pläne der Stadt, die größte Einkaufsstraße Wiens umzugestalten – und sie vor allem von Pkw zu befreien: „Die Grünen wollen die Autos einfach nur weg haben – aber wohin sollen sie dann ausweichen?“ Jaeckels größte Sorge ist, dass ihr Wohnbezirk vom verdrängten Verkehr der Mariahilfer Straße überschwemmt wird.

Auch andere Bürger, die gestern, Donnerstag, zur Informationsveranstaltung über das Projekt „Mariahilfer Straße Neu!“ ins Hofmobiliendepot gekommen sind, wirken ein wenig verloren. Dicht gedrängt sammeln sich Gruppen von Menschen vor Schautafeln, die erklären sollen, wie und weshalb die Mariahilfer Straße umgebaut wird. Die Initiative zur Umgestaltung ging von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) aus. Nach Skepsis auch aus der eigenen Partei – unter anderem äußerte Neubaus Bezirksvorsteher Blimlinger Bedenken – wurden Studien in Auftrag gegeben, die mögliche Varianten und ihre Folgen aufzeigen sollten. Am Ende stehen drei Modelle, die nun den Bürgern zur Diskussion gestellt werden:

• Von der Andreas- bis zur Stiftgasse soll die Mariahilfer Straße autofrei werden. Dazu wird eine Fußgänger- oder Fahrverbotszone errichtet. Verkehr für Anlieferungen und zur Garagenzufahrt soll gestattet sein, sonstige Straßenquerungen mit dem Auto allerdings nicht. Radverkehr ist vom Fahrverbot ausgenommen. Der Verlust der Parkplätze auf der Mariahilfer Straße würde sich stark auf die angrenzenden Straßenzüge auswirken.

• In einer zweiten Variante reicht die autofreie Zone vom Gürtel bis zur Theobaldgasse, allerdings mit Querungen. Die Mariahilfer Straße würde aus einer Fußgängerzone und einem verkehrsberuhigten Abschnitt mit befahrbaren Kreuzungen bestehen. Weniger Parkplätze gingen verloren als in Variante eins, damit wären auch Auswirkungen auf angrenzende Straßenzüge geringer. Fahrradfahrer sind vom Fahrverbot ausgenommen.

• Die dritte Möglichkeit ist ein „Shared space“-Modell vom Gürtel bis zur Babenbergerstraße. Hier wären alle Verkehrsteilnehmer auf der Mariahilfer Straße absolut gleichberechtigt. Ampeln und die meisten Verkehrsschilder verschwinden, die Straßenverkehrsordnung (StVO) gilt aber weiter. Angrenzende Straßenzüge wären von dieser Variante am wenigsten betroffen.

Für oder gegen diese Vorschläge unterschreiben können die Besucher der Infoveranstaltung jedoch nicht – die einzige Form der Mitbestimmung sind kleine, grüne Papierkärtchen. Darauf können sie Wünsche und Bedürfnisse äußern. Vielen ist das aber zu wenig: „Ich habe einen Brief vom Bezirksvorsteher zu Hause, in dem er eine Anrainerbefragung zu diesem Projekt ankündigt. Ich fände das gut, jetzt sieht es aber nicht mehr danach aus“, sagt Susanne Pitsch aus dem siebenten Bezirk. Als unmittelbare Anrainerin hat auch sie Angst vor der Verdrängung des Verkehrs in ihre Wohnstraße.

Dialog ja, Anrainerbefragung nein

Als Initiatoren des Projekts sehen Vertreter der Stadt Wien naturgemäß eher die Vorteile: „Ziel ist eine autofreie Mariahilfer Straße. Bis zum nächsten Frühjahr werden wir wissen, welche der erarbeiteten Maßnahmen wir umsetzen“, sagt Franz Kainacher von der MA28 (Straßenverwaltung und Straßenbau). Eine Anrainerbefragung sei nicht vorgesehen, Anregungen der Bürger würden durch die Dialogveranstaltung berücksichtigt. Diese fließen dann in einen Kriterienkatalog ein, der bei der weiterführenden Planung berücksichtigt werden soll.

Am Dienstag, dem 22.November, findet noch eine zweite Informationsveranstaltung im Verein „ega“ statt, eine letzte Runde gibt es dann am Donnerstag, dem 24.November, wieder im Hofmobiliendepot. Eine Variante, die an diesem Donnerstag oft angeregt wurde, steht dabei aber nicht mehr zur Debatte: „Ich bin dafür, dass alles bleibt, wie es ist.“

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.dialog-mariahilferstrasse.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2011)

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