Teherans Show mit hochmoderner US-Drohne

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Die Revolutionsgarden präsentierten ein amerikanisches Tarnkappenflugzeug, das sie vom Himmel geholt haben wollen. Die Mehrheit westlicher Experten, die sich in den Medien äußert, hält das abgebildete Flugzeug für echt.

Kairo/Teheran. Für das Weiße Haus und die US-Militärplaner könnten diese Bilder zum Albtraum werden. Seelenruhig schreiten zwei Kommandeure der Revolutionsgarden um die futuristisch wirkende Tarnkappendrohne herum, öffnen hier und da eine Klappe und weisen einander auf interessante Details hin. Die Aufnahmen, die Donnerstagabend zu bester Sendezeit im iranischen Staatsfernsehen gezeigt wurden, legen nahe: Der Islamischen Republik ist offenbar eine hypermoderne amerikanische Spionagedrohne vom Typ RQ-170 Sentinel in die Hände gefallen, vollgestopft mit hoch geheimer Technik. „Wir werden Amerika mit unseren Füßen zertreten“, steht auf den Banderolen zu lesen, die an den Flügeln des beigefarbenen Technikwunders angebracht sind.

Spekulationen blühen

Seit Teheran sich damit brüstet, eine amerikanische Drohne vom Himmel geholt zu haben, blühen die Spekulationen. Die ersten Tage hüllten sich Pentagon und CIA noch in Schweigen. Die Militärs hofften, das hochsensible Fluggerät sei über dem Iran zerschellt und nur noch verkohlter Schrott übrig. Inzwischen räumten sie ein, dass die RQ-170 Sentinel auf ostiranischem Territorium niedergegangen sein könnte. Und offenbar zeigen die TV-Bilder aus Teheran, dass der fliegende Rochen bei seiner Notlandung weitgehend unbeschädigt geblieben ist. Bei einem Flügel scheinen Risse überklebt worden zu sein, das offenbar ramponierte Fahrwerk wurde durch Propagandatransparente verdeckt.

Echte Drohne oder Fälschung?

Die Mehrheit westlicher Experten, die sich in den Medien äußert, hält das abgebildete Flugzeug für echt. Andere jedoch, wie Georg Mader, Korrespondent des internationalen Militärfachmagazins „IHS Jane's Defence“, und John Pike, Chef der Website „GlobalSecurity.org“, melden Zweifel an. Sie gehen eher von einer Fälschung aus und weisen darauf hin, dass die Drohnen eigentlich grau gestrichen sind und nicht beige. Zudem weichen nach ihren Angaben Details beim Design von Lufteinlass und Flügeln von bisher bekannten Fotos ab.

Ist die gezeigte Tarnkappendrohne jedoch echt, befindet sich der Iran fortan im Besitz von modernster Radar- und Aufklärungstechnik, die es schon bald an US-Rivalen wie Russland und China weiterreichen könnte. Erste Spezialisten aus Moskau und Peking haben sich nach Angaben der Nachrichtenagentur „Mehr“ bereits angesagt. Sie interessieren sich vor allem für das extrem leistungsfähige Aesa-Radarsystem sowie die Kameras und Videosensoren der Drohne, die Personen angeblich aus vielen Kilometer Höhe identifizieren können.

Ungeachtet dessen bleibt weiter unklar, wie es überhaupt zur sanften Landung des ferngesteuerten Flugroboters auf iranischem Territorium gekommen sein soll. Die Drohne sei in einen elektronischen Hinterhalt geflogen, und man habe sie anschließend sicher und ohne schwere Schäden zur Erde gesteuert, behauptete der Luftwaffenchef der iranischen Revolutionsgarden, General Amir-Ali Hajizadeh.

Kreisen, bis der Sprit ausgeht

Dem widersprachen amerikanische Spezialisten. Nach ihren Angaben sind RQ-170-Flieger so programmiert, dass sie automatisch zu ihrer Basis zurückkehren, wenn der Kontakt zur Bodenstation verloren geht. Oder sie kreisen so lange in der Luft, bis der Sprit verbraucht ist, und können dann wie Gleiter landen.

Die Sentinel, die in Höhen bis zu 15 Kilometern operiert, wird hauptsächlich über Afghanistan und Pakistan eingesetzt. Eine Drohne dieses Typs war auch im Mai über der Wohnanlage von Osama bin Laden in Pakistan positioniert und schickte Livebilder ins Weiße Haus, als ein US-Spezialkommando das Anwesen stürmte und den al-Qaida-Chef erschoss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2011)

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