Frankreich rutscht in die Rezession

(c) Dapd (Berthold Stadler)
  • Drucken

S&P rechnet 2012 mit einer Rezession in Österreich. Die Franzosen stecken bereits in der Flaute. IWF-Chefin Lagarde warnt vor einer Depression wie in den 1930er-Jahren.

Washington/Paris/Auer/Ag. Der Wirtschaftseinbruch in der Eurozone werde im kommenden Jahr „schwerer“ ausfallen als erwartet, warnt die Ratingagentur Standard &Poor's in einem am Freitag veröffentlichten Bericht.

Vor allem die fünf größten Nettoexporteure der Region, zu denen auch Österreich und Deutschland gehören, seien aufgrund der weltweiten Konjunkturabkühlung besonders gefährdet. Zuletzt hatten auch die Ökonomen der heimischen Nationalbank und des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) prognostiziert, dass Österreich möglicherweise auf eine „kleine, kurze“ Rezession zusteuere. Derzeit sind Mitarbeiter von S&P in Österreich, um zu prüfen, ob die Kreditwürdigkeit des Landes noch für die Bestnote AAA reicht.

Von den Anleihenmärkten aber kommt ein positives Signal: Die Risikoaufschläge für Österreichs zehnjährige Staatsanleihen sind zuletzt gesunken, der Abstand zu den deutschen Papieren beträgt wieder weniger als ein Prozent.

„Kein Land ist immun“

In Frankreich, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone, hat der Abschwung begonnen. Im laufenden Quartal werde die französische Wirtschaft um 0,2 und im ersten Quartal des kommenden Jahres um 0,1 Prozentpunkte schrumpfen, meldete das Institut. Will Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy seine Haushaltsziele erreichen, benötigt das Land 2012 jedoch Wachstumsraten von 0,5 Prozent bis ein Prozent. Mit Frankreich droht damit das zweite Kernland der Eurozone in die Rezession zu rutschen. Vor wenigen Tagen meldeten die Niederlande einen Rückgang der Wirtschaftsleistung in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen.

Solche Nachrichten sind Wasser auf die Mühlen von Christine Lagarde. Seit Monaten warnt die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) vor der Abwärtsspirale, in der die Weltwirtschaft steckt. Am Donnerstagabend verschärfte sie bei einer Konferenz des US-Außenministeriums in Washington ihre Rhetorik erneut: Die Aussichten für das kommende Jahr seien „ziemlich düster“. Fast überall bestehe die Gefahr, dass sich das Wachstum verlangsame und die öffentlichen Haushalte ins Wanken geraten. Europa sei der Krisenherd, aber kein Land sei immun. Die frühere französische Finanzministerin verglich die Situation mit der Depression in den frühen 1930er-Jahren, als Protektionismus und Isolation die internationale Politik bestimmten.

Werben für mehr IWF-Mittel

Sie mahnte die Staaten zur intensiven Zusammenarbeit, um die drohende globale Wirtschaftskrise bekämpfen zu können. Diese Zusammenarbeit müsse „im derzeitigen Kern der Krise beginnen, der offensichtlich in den europäischen Staaten liegt und besonders in den Ländern der Eurozone“.

Damit warb die IWF-Chefin erneut lautstark für die Aufstockung der Finanzmittel ihres Fonds, um die Schuldenprobleme der Eurostaaten zu lösen. Die EU-Länder hatten am letzten Gipfel vorgeschlagen, den IWF mit zusätzlichen 200Mrd. Euro auszustatten.

Weil dieses Geld aber über die Notenpresse finanziert werden soll, regt sich zumindest bei der deutschen Bundesbank Widerstand. Die Staaten außerhalb Europas zeigten ohnedies kaum Interesse am Plan, die Euroländer über den IWF zu retten. Vor allem die USA reagierten ablehnend. Gemäß ihres Kapitalanteils im IWF müssten sie rund 105Mrd. Euro zusätzlich zur Verfügung stellen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

BULGARIA LIBYA MEDICS TRIAL
Home

Fitch droht Rettungsschirm EFSF mit Herabstufung

Nach S&P droht die nächste Ratingagentur dem Euro-Rettungsfonds mit dem Entzug der Bestnote. Grund: Frankreichs negativer Ausblick.
senkt Ausblick fuer alle
Home

Auch Rettungsschirm EFSF droht Entzug der Bestnote

Österreich und fünf weitere AAA-Länder könnten innerhalb von 90 Tagen ihr Top-Rating verlieren. Das hätte auch Auswirkung auf die Bonität des EFSF.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.