Hallenhockey: "Nie einen Euro kassiert - im Gegenteil"

Hallenhockey einen Euro kassiert
Hallenhockey einen Euro kassiert(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Hans Oberlaender)
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Kommende Woche beginnt die Hallenhockey-EM 2012 in Leipzig. Für den größten Star und Kapitän von Österreichs Weltklasseteam, Armin Stremitzer, ist sein Sport vor allem eine Frage der Organisation.

Ausgerechnet Leipzig. Wenige Meter Luftlinie von dem Fußballstadion entfernt, in dem ein österreichischer Trainer mit der Millionen Euro schweren Unterstützung eines österreichischen Getränkeherstellers versucht, großen Fußball in die sächsische Stadt zu bekommen, findet kommendes Wochenende die Europameisterschaft im Hallenhockey statt – für Männer und Damen zugleich.

Österreich ist in beiden Bewerben vertreten – schon das ist in einer Ballsportart nicht selbstverständlich. Während die Damen „zu 100 Prozent gegen den Abstieg spielen“, wie Hockey-Präsident Walter Kapounek ausführt, reisen die ÖHV-Herren als amtierender Titelträger an. 2010 besiegte man im Finale von Almere in den Niederlanden überraschend Russland nach Verlängerung 4:3. Ein Jahr später schaffte Österreich bei der WM Platz drei. Heuer ist das Halbfinale das klare Ziel. Dazu braucht es lediglich Platz zwei von vier Teams in der Gruppenphase. Spanien und die Schweiz gelten als schlagbar. Schon zum Auftakt kommt es aber zum großen Duell mit dem Gastgeber und Weltmeister Deutschland – auch im Hockey ist das kein Spiel wie jedes andere. „Das wird ein heißer Fight, und es wird umso interessanter, sie vor eigenem Publikum zu schlagen“, macht Österreichs Kapitän Armin Stremitzer im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“ keinen Hehl aus seiner Vorfreude. „Wir haben Deutschland schon bei der EM 2010 geschlagen, und das kann uns wieder gelingen. Auch wenn die Deutschen eine absolute Turniermannschaft sind.“


Europameister mit Selbstbehalt.
Für Stremitzer ist schon die Teilnahme an der EM eine organisatorische Meisterleistung. Während Peter Pacults Rasenballsportler schon in der vierten Liga groß verdienen, gibt es weltweit vielleicht eine Handvoll Spieler, die von Hockey leben können. Armin Stremitzer gehört nicht dazu. „Ich habe noch nie einen Euro verdient – im Gegenteil“, meint er. Gern erzählt er die Geschichte von der Prämie für den EM-Titel 2010. Die gab es nämlich nicht. Stattdessen einen Selbstbehalt von 150 Euro. „Das Geld geht an unsere Jugend, und deshalb zahle ich es gern“, so der 28-Jährige, der selbst schon mit 15 Jahren im Nationalteam dabei war. Neid gegenüber den Fußballern verspürt er nicht: „Sicher wäre es vielleicht ganz nett, aber Geld ist mir nicht so wichtig. Manchmal wünsche ich mir nur mehr Aufmerksamkeit von den Medien. Aber ich habe durch den Hockeysport viel in der Welt gesehen und möchte das auf keinen Fall missen.“

Seinen Lebensunterhalt bestreitet Stremitzer mit seinem Job in einer großen österreichischen Bank. Oft steht schon vor Arbeitsbeginn eine Trainingseinheit auf dem Programm und nach Dienstschluss noch eine. Solche Tage enden dann meist erst gegen elf Uhr abends. „Manchmal ist es schon anstrengend, alles unter einen Hut zu bringen“, gibt er zu. Immerhin: Sein Arbeitgeber ist sehr entgegenkommend, was die Abwesenheit für Turniere betrifft. Auch die Geschichte, dass er für das Champions-Challenge-2-Turnier in Lille im Juli 2011 keinen Urlaub bekommen habe, „stimmt so nicht. Ich war damals gerade frisch im Job, da ging es einfach noch nicht.“

Dennoch „geht der ganze Urlaub für Hockey drauf“, meint Stremitzer. Heuer wäre unter Umständen eine Woche zum Ausspannen drin. Aber die will der ÖHV-Abwehrspieler gar nicht. Es geht nämlich um die Zeit, wenn das olympische Feldhockey-Turnier stattfindet. Und nur, wenn sich Österreich nicht qualifiziert, hat Stremitzer frei.

Weg nach oben.
Am anderen Ende der Karriereleiter befindet sich noch Sebastian Eitenberger. Der 19-Jährige von der Wiener Sportvereinigung Arminen wurde von Österreichs Teamchef Frank Hänel für die EM neu in den ÖHV-Kader berufen. In Leipzig ist sein Ziel entsprechend bescheiden – „eine solide EM zu spielen und dem Team zu helfen“. Wie Stremitzer ist auch Eitenberger über einen Schulfreund zum Hockeysport gekommen.

Dank Heeressport hat der Maturant einen großen Vorteil. Auch sonst fühlt sich der angehende Physik-Studenten pudelwohl im Hockey: „Das war die richtige Entscheidung.“ Nicht einmal der Verzicht auf viele Dinge wie Weggehen mit Freunden fiel ihm schwer. Und die weniger konsumierten Energydrinks hat man in der Leipziger „Bullenfiliale“ auch locker weggesteckt.

Armin Stremitzer

Über 130 Länderspiele hat der 28-jährige Kapitän des ÖHV-Teams bereits in den Knochen. Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder, Elmar Stremitzer, spielt er nicht nur in der Nationalmannschaft, sondern auch beim Akademischen Hockey- und Tennisclub Wien. Zuvor hat Armin Stremitzer, der in Wien Wirtschaft und Recht, sowie Politikwissenschaften studiert hat, schon in Frankreich bei Paris St. Germain und in der Schweiz gespielt. Mit PSG holte er das Feldhockey-Double. Stremitzers größte Erfolge sind der Hallen-EM-Titel 2010 und Hallen-WM-Bronze 2011. privat

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2012)

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