AUA: Echte Reform als letzte Chance

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Der neue AUA-Chef hat nur eine Möglichkeit: Wenn er die verkrusteten Strukturen nicht aufbricht, stürzt die Airline ab, und er ist seinen Job los. Kollektiv- oder Pensionsverträge könnten neu verhandelt werden.

Ein „Chapter11“, ein Insolvenzverfahren nach US-Muster, bei dem sich ein Konzern geschützt vor Gläubigern sanieren kann, gibt es hierzulande nicht. Zum Leidwesen des neuen AUA-Chefs Jaan Albrecht: Der ehemalige Boss des Flugbündnisses Star Alliance weiß um die Vorteile des Gläubigerschutzes, den gerade American Airlines nutzen. Denn „Chapter11“ bedeutet auch, dass teure Kollektiv- oder Pensionsverträge obsolet sind und neu ausverhandelt werden können.

Genau das plant Albrecht – neben einer Reihe anderer Maßnahmen wie dem Verkauf der elf Boeing737 – um die AUA in die Gewinnzone zu bringen. Es geht ihm nicht nur um ein paar Drehungen an der Stellschraube – radikale, tiefgreifende Strukturveränderungen sind geplant. „Die Welt hat sich tiefgreifend verändert, die AUA muss das auch tun, sonst fliegt sie gegen die Wand“, lautet Albrechts Credo, das er landauf, landab verkündet.

Drei Sparpakete seit 2009

Das Ergebnis der Analyse, die Albrecht in den ersten 70 Tagen seiner Amtszeit gemacht hat, deckt sich mit dem Eindruck langjähriger AUA-Kenner: Drei Sparpakete wurden seit der Übernahme durch die Lufthansa im Jahr 2009 beschlossen, unter anderem ein fünfprozentiger Gehaltsverzicht. Das sei wichtig gewesen, um die AUA vor dem finanziellen Crash zu retten. Aber die Maßnahmen hätten nur Einmaleffekte gebracht, genauso wie die vielen Sparpakete in den Jahren zuvor.

Kern des neuen Programms: Albrecht will die bestehenden Kollektivverträge für die gesamte Mannschaft am Boden und in der Luft, bei der AUA genauso wie bei deren Tochter Tyrolean (Austrian Arrows), komplett entstauben. Das betrifft nicht nur die Abschaffung der jährlich bzw. alle zwei Jahre vorgesehenen Gehaltssprünge und der garantierten Inflationsabgeltung. Vor allem die „AUA-Altverträge“, die für 338 der 578 AUA-Piloten gelten, sind Albrecht ein Dorn im Auge. Da gebe es Anachronismen, die einer Denkweise von vor 50 Jahren entsprächen, lautet seine Diagnose. Schon die neuen Pilotenverträge, die in etwa den ehemaligen Lauda-Air-Verträgen entsprechen, sind um 15 bis 20Prozent kostengünstiger. Und die Tyrolean-Crew fliegt noch einmal um diesen Betrag billiger.

Deshalb sieht Albrecht bei den Altverträgen den größten Handlungsbedarf. Das betrifft nicht nur die Abfertigung von maximal 39 Monatsgehältern (Flugbegleiter und das kaufmännisch-technische Personal erhalten maximal 18). Ändern will Albrecht auch jene Bestimmung („Scope Clause“), wonach Tyrolean nur Flugzeuge bis 110 Sitze fliegen darf. Das war der einstige Kompromiss mit dem AUA-Bordbetriebsrat, damit auch die billigere Tochter AUA-Flüge abwickeln kann. Da die Nachfolgemodelle der jetzt eingesetzten Fokker mehr als 110 Sitze haben, drohen Probleme. Die Klausel soll daher fallen. Eine weitere „Altlast“: AUA-Piloten werden fix für 70 Stunden pro Monat bezahlt. Weil die von der AUA-Führung gewünschte Mehrarbeit extrem teuer ist, bedeutet das, dass diese nicht wirtschaftlich wäre. In den schwachen Wintermonaten wiederum zahlt die AUA 70 Stunden – auch wenn weniger geflogen wird.

Swiss als Vorbild

Nicht zuletzt geht es um die Betriebspensionen: Piloten mit Altverträgen sind noch im leistungsorientierten System, bei dem die AUA eine Nachschusspflicht hat. Angesichts der schlechten Entwicklung auf den Finanzmärkten ist das kostspielig. Deshalb sollen alle Mitarbeiter in ein beitragsorientiertes System wechseln.

Als Vorbild nimmt sich Albrecht die Swiss. Mit einem Unterschied: Die Pleite gab den Schweizern die Chance, verkrustete Strukturen aufzubrechen. Die AUA müsse dies auch ohne Pleite schaffen, meint Albrecht. Schon am 29. Februar will er dem Aufsichtsrat Ergebnisse präsentieren.

Das ist schwere Kost für die Betriebsräte, die für den Kampf rüsten. Von einem Kahlschlag ist die Rede, den man nicht hinnehme. Heute, Freitag, schwört Bodenbetriebsratschef Alf Junghans seine Kollegen ein, am nächsten Donnerstag ist das Bordpersonal an der Reihe. Bei den KV-Verhandlungen treffen sie auf keinen Unbekannten: Obmann der Fachgruppe Luftfahrt in der Wirtschaftskammer ist der vorzeitig abgelöste Flughafen-Finanzvorstand Christian Domany, einer der Hauptverantwortlichen für das Skylink-Debakel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2012)

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