Kampf gegen ein Bauernopfer fürs Sparpaket

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Ja zur Umwidmungsabgabe, eine Bastion bleibt aber die pauschalierte Besteuerung bis zu einem Einheitswert von 100.000 Euro.

Berlin/Gau. Für SPÖ und Arbeiterkammer steht fest: Am meisten Geld für die Konsolidierung ist bei den subventionsverwöhnten und steuerverschonten Bauern zu holen. Der zuständige Minister zeigt für diesen Anti-Agrar-Furor kein Verständnis: „Manche wollen ein Bauernopfer sehen, die Landwirte einseitig bluten lassen. Dabei geht es hier um Existenzen“, ärgerte sich Niki Berlakovich zum Auftakt der Berliner Landwirtschaftsmesse „Grüne Woche“ vor Journalisten. „Die Landwirtschaft wird zum Goldesel hochstilisiert, aus dem die Dukaten sprudeln – aber so etwas gibt es nur im Märchen.“

Gemeinsam mit den Standesvertretern steckte er das Feld für Einsparungen ab. Der Tenor: Kein anderer Sektor habe schon so viel gespart, nämlich die 240Mio. Euro, die bei der vorjährigen Regierungsklausur in Loipersdorf ausgemacht wurden. Das hat einen ähnlichen Klang wie die jüngste Verteidigungsrede von Christian Kern, dessen Bahn spiegelbildlich im Sparvisier der schwarzen Reichshälfte liegt: Auch die ÖBB hätten demnach schon einen ausreichenden Sparbeitrag geleistet. Abseits der Rhetorik zeigen sich die Bauernvertreter aber kompromissbereit. Alle haben sich „nach heftigen Diskussionen“ mit der Umwidmungsabgabe abgefunden: Die Wertsteigerung bei der Umwidmung eines Grundstückes von Grün- in Bauland soll künftig besteuert werden. Nach Schätzungen könnte das eine halbe Milliarde Euro pro Jahr einbringen.

Eine Bastion bleibt aber die pauschalierte Besteuerung bis zu einem Einheitswert von 100.000 Euro. Die Arbeiterkammer hält die Vollpauschalierung für verfassungswidrig und droht mit Klage. Sie hofft dabei auf eine Einnahmequelle von 300 bis 400 Mio. Euro. „Das sind aufgeblasene, utopische Zahlen“, sagt Bauernbund-Präsident Jakob Auer. Müssten alle Betriebe eine Steuererklärung abgeben, würden sich die Steuerberater freuen, aber für den Fiskus schaue nicht viel heraus. Berlakovich verteidigt die Pauschalierung, weil sie Bürokratie eindämmt: „Ich will nicht hinter jedem Misthaufen Kontrolleure haben.“

Aber auch hier könne man „im Detail verhandeln“, lässt Landwirtschaftskammer-Präsident Gerhard Wlodkowski durchblicken: neu berechnete Einheitswerte, Zuschläge für intensive Tierhaltung, Einrechnung von EU-Mitteln. Ein striktes ministerielles Nein gibt es zum „kuriosen“ Vorschlag einer Düngemittelabgabe: Es sei „hanebüchen“, eine Steuer auf notwendige Betriebsmittel, die schon mit Mehrwertsteuer belastet sind, als „Ökologisierung“ zu verkaufen.

Gegen Ökopläne aus Brüssel

Aber nicht nur in der Heimat wittern Österreichs Bauern falsche Sorgen um die Umwelt. Sturm laufen sie auch gegen die „Greening“-Pläne aus Brüssel. Künftig sollen Direktzahlungen an mehr Umweltauflagen gekoppelt werden.

Ein Kriterium: Sieben Prozent des Grundes sollen als „ökologische Vorrangfläche“ ungenutzt bleiben, damit sich dort die Natur regenerieren kann. Für viele Bauern, die nicht genügend Büsche oder Bachufer ihr Eigen nennen, bedeutet das Flächenstilllegung – aus österreichischer Sicht ein Unfug: „Die Landwirtschaft soll grüner werden, aber nicht stillgelegter“, sagt Auer. Viel ökologischer wäre es, auf dieser Fläche Soja anzubauen. Heute wird nämlich die „Eiweißlücke“ bei Futtermitteln durch Sojaimporte aus Südamerika gedeckt, wofür CO2-intensive Transporte nötig seien und oft auch Regenwald gerodet werde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2012)

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