Abgelutschtes Wahlzuckerl

Putins Pensionserhöhung wirkt – aber nur kurzfristig.

Wladimir Putins jüngster Trick ist so abgenützt, dass es angesichts des knapp bemessenen Umfangs dieser Kolumne fast schon zu schade ist, sich mit ihm zu befassen: Der in die Defensive geratene Staatschef in spe greift wenige Wochen vor der Präsidentenwahl zum Füllhorn und entleert es – Überraschung! – über den nichtsahnenden russischen Babuschkas. Bereits nächste Woche werden die Pensionen angehoben, und insbesondere führt Putin die normative Kraft des Faktischen ins Feld: „Wir haben dieses Geld, also machen wir es.“

Berichtenswert ist dieses abgelutschte Wahlzuckerl aus zwei Gründen. Erstens, weil das Kalkül aufgehen dürfte: Die Senioren werden nicht die Hand beißen, die sie füttert. Hinzu kommt, dass die Anliegen der wohlhabenden Putin-Gegner nicht das Geringste mit den Lebensumständen eines durchschnittlichen Pensionisten zu tun haben. Die bourgeoisen Möchtegernrevolutionäre von Moskau und Sankt Petersburg leben in einer ganz anderen Galaxie.

Der zweite Grund wiegt mehr: So wirkungsvoll das Geldgeschenk kurzfristig auch sein mag – auf längere Sicht ist der Erfolg trügerisch. Denn mit jeder zusätzlichen Milliarde, die zwecks Sedierung der Untertanen in die Hand genommen wird, steigen die Begehrlichkeiten des ruhiggestellten Wahlvolks.

Die Konsequenz: Der Hausherr im Kreml ist – wie seine saudiarabischen Kollegen vom Fach – auf ständig steigende Erdölpreise angewiesen, um die immer kostspieligeren Betäubungsmittel zu finanzieren. An dem Tag, an dem der Ölpreis den Plafond erreicht, ist dieses Spiel aus.

michael.laczynski@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2012)

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