Der Architekt von Obamas sozialem Netzwerk

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Edward Saatchi hat für US-Präsident Barack Obama ein soziales Netzwerk für das Management seines Präsidentschaftswahlkampfs kreiert: Er erzählt im "Presse"-Interview, wie Daten-Analyse die Wahl gewinnen hilft.

Die Presse: Sie haben für die Präsidentschaftskampagne Barack Obamas 2008 gearbeitet.

Edward Saatchi: Ich bin 2007 in die USA gegangen, um als Freiwilliger mitzuarbeiten. Zwei Freunde und ich haben ein privates soziales Netzwerk für die Obama-Kampagne geschaffen, das ganz ähnlich wie Facebook funktioniert, wobei der Zugang aber auf die Mitarbeiter und Freiwilligen der Kampagne beschränkt ist. Anstatt E-Mail und andere Büro-Software zu verwenden, gab es da unser soziales Netzwerk, wo man all diese Dinge wie E-Mail erledigen kann, aber eben noch viel mehr.

Die Obama-Kampagne war 2008 allen Mitbewerbern in puncto Organisation und Einsatz von neuen Medien und dem Internet haushoch überlegen. Wie sieht es diesmal mit dem Vorsprung der Demokraten aus?

Ich kann da nicht allzu sehr ins Detail gehen. Wahlen werden heute gewonnen, indem man die verfügbaren Daten – und das ist eine ganze Menge – optimal für die eigenen Zwecke nutzt. Das hat die Obama-Kampagne 2008 schon sehr gut beherrscht und ich denke, im Hauptquartier der Obama-Kampagne in Chicago wird man heuer mit einigen Überraschungen aufwarten. Ich habe den Vorwahlkampf der Republikaner in New Hampshire beobachtet und fand es amüsant, wie weit die GOP den Demokraten hinsichtlich Organisation und Verwendung von sozilalen Netzwerk-Werkzeugen hinterherhinkt. Die Kampagnenmanager hatten keine Ahnung, an wen die Botschaften ihrer Kandidaten gehen, wer zu den Veranstaltungen ihrer Kandidaten kommt.

Welcher republikanische Kandidat wird bei den Präsidentenwahlen am 6.November gegen Obama antreten? Auf wen tippen Sie?

Auf Mitt Romney. Ich glaube aber, dass Obama die Wahl gewinnen wird.

Sie sind aber britischer Staatsbürger, Sie dürfen gar nicht mitwählen.

Das war auch 2008 schon ein wenig peinlich, als ich im Obama-Kampagnenteam mitgearbeitet habe. Da hatten mich die Kollegen einige Male ziemlich auf der Schaufel.

Sie arbeiten an der Schnittstelle zwischen Internet-Technologie und Politik. Welche Rolle haben soziale Medien bei den Protestbewegungen der jüngsten Vergangenheit gespielt? Was waren die wichtigsten Faktoren?

Bewegungen lassen sich heute in Echtzeit organisieren. Man muss eine Demonstration nicht ein paar Wochen im Voraus planen, sondern kann ganz spontan agieren – noch bevor die gegnerische Seite Gegenmaßnahmen ergreifen kann.

In den USA wird auf der Website www.americanselect.org dazu aufgerufen, einen Präsidentschaftskandidaten für eine Partei, die sich über Internet organisiert, zu nominieren. Ist das die Zukunft der Parteien?

Es gibt eine Menge technischer Innovationen, die die Bürger in die Lage versetzt, mehr Einfluss auf die Politik zu nehmen. Die Frage ist nun, ob die Bürger diese Tools nutzen. Ich denke etwa an Change.org, ein sehr erfolgreiches Instrument zum Bürger-Lobbying...

Zur Erklärung: Auf dieser Website startete eine Bankkundin eine erfolgreiche Kampagne gegen die ihrer Meinung nach zu hohen Gebühren bei Kreditkarten, saudiarabische Frauengruppen betrieben erfolgreiches Lobbying für das Recht von Frauen, im Königreich Auto zu fahren.

Genau.

Gelingt es durch soziale Netzwerke, die Welt ein wenig flacher zu machen?

Naja. Es gibt in jeder Gesellschaft noch immer jene, die mehr und jene, die weniger Macht und Einfluss haben. Es gibt in jeder gut strukturierten Organisation eine Hierarchie, daran ändern auch die sozialen Netzwerke nichts. Allerdings: Die Mitarbeiter an der Basis, oder die einfachen Bürger in einem Bezirk oder Wahlkreis wollen aber mit demselben Respekt behandelt werden wie die Mitarbeiter in den Führungsetagen oder die politischen Vertreter. Soziale Medien haben geholfen, Diktatoren von der Macht zu vertreiben und ich denke, das wird Gesellschaften und Strukturen in den Gesellschaften, in der Politik und in Firmen verändern.

Zur Person

Edward Saatchi ist der Sohn von Werbeguru Lord Maurice Saatchi. Er baute für die Obama-Kampagne ein internes soziales Netzwerk (NationalField) auf. Dieses System läuft nun auch im Wiener Co-Working-Zentrum The Hub.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2012)

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