Kommunikation: Übersetzer für Fachchinesisch

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Wenn Techniker das Wort ergreifen, verstehen Kunden oder Geschäftspartner oft nur Bahnhof. Seminare und Lehrgänge helfen.

Mal ehrlich: Wer ist noch nie an einer Gebrauchsanweisung verzweifelt – oder hat einen Informatiker in seinem Bekanntenkreis, dessen Erklärungen die Ohrwascheln im Dreieck hüpfen lassen? Verständlich, dass Branchen eigene Sprachregelungen haben – doch kann das nicht aufhören, sobald ein Unbedarfter eine Lösung sucht?

„Fachchinesisch ist nicht sinnvoll, wenn Kunden der Vorteil oder Nutzen von Produkten oder Dienstleistungen vermittelt werden soll“, sagt auch Andreas Reisenbauer. Mit seinem Coaching- und Trainingsunternehmen Syscomm hat er sich dem Thema „Technik verständlich kommunizieren“ verschrieben. Er spricht jedem Nichttechniker aus dem Herzen, wenn er fordert: „Heute muss auch ein Experte in der Lage sein, sein Fachwissen verständlich für die Führungsebene oder den Kunden vermitteln zu können. Und zwar auf einem Niveau, das dem Vorwissen der Zielgruppe entspricht.“ In seinen Seminaren und dem Kompaktlehrgang für technische Nachwuchsführungskräfte möchte er daher kommunikative Fähigkeiten an Techniker weitergeben, um das Service und auch die Erfolgsaussichten der Unternehmen zu verbessern.

Scheitern an Missverständnissen

„Die Menschen, die mit Technik zu tun haben, sind meist so begeistert von ihrem Thema, dass sie gar nicht daran denken, dass andere sie nicht verstehen könnten“, sagt Renate Motschnig, Leiterin des Zertifikatslehrgangs „Effective Communications“ am Postgraduate Center der Universität Wien. Viele Projekte scheiterten an den daraus entstehenden Missverständnissen, vor allem dort, wo man Anwendern etwas erklären und auf sie eingehen muss, ist Motschnig überzeugt. Wenn also im Oktober die erste Runde dieser Weiterbildung startet, erhofft sie sich Teilnehmer aus vielen verschiedenen Branchen, die aber einen gemeinsamen Nenner mitbringen: IT.

Die Unterrichtssprache des Lehrgangs ist Englisch, und das hat seinen Grund: „Wir erleben viel Neugierde von internationalen Interessenten für unser Angebot. Weil es aber meist so ist, dass die Missverständnisse wachsen, je entfernter Kulturen voneinander sind, wollen wir einen geschützten Rahmen schaffen, in dem diese Missverständnisse wertschätzend abgebaut werden können.“ 20 Teilnehmer sind das Maximum an Personen, die jährlich aufgenommen werden. Die Option, den Lehrgang auf Deutsch zu machen, gibt es trotzdem – wenn die Studierenden mehrheitlich deutschsprachig sind.

Zwischen Technik und Alltag

„Die Technik durchdringt unser tägliches Leben, nehmen wir nur das Beispiel Website. Dort arbeiten Menschen aus unterschiedlichen Disziplinen zusammen, die einen gemeinsamen Nenner finden müssen“, sagt Renate Motschnig. Und dabei ist viel Übersetzungsarbeit zu leisten – Arbeit, die das tägliche Brot sogenannter Technischer Redakteure ist. Zu solchen bildet ein Universitätslehrgang an der Donau-Universität Krems aus. Dabei geht es „sowohl um unternehmensinterne als auch -externe Kommunikation, die in Zusammenhang mit Produkten für spezifische Zielgruppen erstellt wird“, erläutert Lehrgangsleiter Florian Halm.

Im Konkreten kommunizieren technische Redakteure also an der Schnittstelle zwischen der Technologie und den Lebenswelten der Menschen. „Ein Großteil dieser Kommunikationsaufgaben wird in Unternehmen meist von Personen übernommen, die hauptsächlich andere Hauptaufgaben haben“, so Halm. Wer sich so einen technischen „Übersetzer“ leistet, erwartet sich im Idealfall einen Experten, der zielgruppengerecht und benutzerfreundliche Kommunikationsmittel erstellen kann.

In Krems erfolgt die Wissensvermittlung durch elf ortsunabhängige, online betreute Telekurse, 31 Präsenztage mit fünf Wochenblöcken, die überwiegend in Dortmund stattfinden, sowie neun Selbststudieneinheiten zur freien Einteilung.

Wachsendes Bewusstsein

Das Bewusstsein, dass gerade Techniker mit Kundenkontakt verständlicher und einfacher kommunizieren müssen, wächst, sagt Halm: „Große Unternehmen sind sich der Bedeutung einer qualitativ hochwertigen und zielgruppengerecht gestalteten technischen Kommunikation bewusst. Das zeigen die Studierendenzahlen, welche von Unternehmen zur Weiterbildung freigestellt werden. Doch auch in KMU wächst das Bewusstsein bezüglich Qualifizierung von Mitarbeitern in diesem Bereich nachweislich.“ Ob die Botschaft in diversen Callcentern schon angekommen ist, scheint aber noch fraglich zu sein.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.donau-uni.ac.at

www.postgraduatecenter.at

Auf einen Blick

Die häufigsten Kommunikationsfehler von Technikern:

Faktenflut: Der Erklärende geht sehr schnell ins Detail.

Falsche Einschätzung: Der Techniker setzt sehr viel Detailwissen voraus.

„Technische Kurzschrift“: Damit ist die Häufung von vielen Abkürzungen und Fachbegriffen gemeint.

Verwirrung: Komplizierte Formulierungen und lange Satzkonstruktionen verwirren.

„Nutzlos“: Sehr oft werden die Funktionen einer technischen Lösung vorangestellt, nicht aber deren Nutzen und Vorteile.

Quelle: www.syscomm.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2012)

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