Kopten-Papst Schenuda III. tot

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FILE EGYPT CHRISTIAN COPTIC CHURCH(c) EPA (Khaled El Fiqi)
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Schenuda starb am Samstag im Alter von 88 Jahren. Seit 1971 saß er an der Spitze der altorientalischen Kirche.

Papst Schenuda III., Oberhaupt der koptischen Kirche Ägyptens, ist am Samstag im Alter von 88 Jahren gestorben. Das berichtete das staatliche ägyptische Fernsehen. Die Todesursache war vorerst unklar, Schenuda war aber in den vergangenen Jahren mehrfach zu medizinischer Behandlung im Ausland. In der vergangenen Woche hatte er seine wöchentliche Predigt absagen müssen.

Schenuda war Ende 1971 zum Papst von Alexandria und Patriarchen der koptisch-orthodoxen Kirche gewählt worden. Die koptische Kirche ist die größte christliche Gemeinde im Nahen Osten und stellt in Ägypten knapp zehn Prozent der Bevölkerung. Sie sehen sich in jüngster Zeit verschärften Angriffen seitens islamischer Fanatiker ausgesetzt.

Am 1. Jänner vergangenen Jahres wurden nach einer Neujahrsmesse in Alexandria mehr als 20 Menschen bei einem Anschlag getötet, zu dem sich bisher niemand bekannte. Anfang Oktober 2011 kam es im Anschluss an eine zunächst friedliche Demonstration koptischer Christen gegen einen Brandanschlag auf eine Kirche in der Region Assuan zu schweren Zusammenstößen zwischen Kopten, Muslimen und den Sicherheitskräften. Dabei starben 25 Menschen, die meisten davon Kopten.

Weltweit gehören knapp zehn Millionen Menschen der koptischen Kirche an. Die altorientalischen Kirche geht auf den Evangelisten Markus zurück, als dessen 117. Nachfolger Shenouda III. galt.

Schenuda - mit bürgerlichem Namen Nazir Gayed Rafail - wurde am 3. August 1923 in Abnoub in der oberägyptischen Provinz Assiut geboren. Nach Studien der Theologie, Geschichte und Archäologie trat er 1954 ins Kloster ein. Der damalige Papst Kyrillos VI. ernannte den 1955 geweihten Priester zu seinem Privatsekretär. 1962 folgte die Bischofsweihe.

Nach dem Tod von Kyrillos wurde Schenuda am 31. Oktober 1971 zum Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche gewählt. Seit der ägyptischen Revolution 1952 sind fast zwei Millionen koptische Christen ausgewandert. Dadurch entstanden auch in Europa, Nordamerika und Australien blühende koptische Gemeinden. 1998 und 2004 besuchte Schenuda III. Österreich und weihte in Wien-Donaustadt und Graz koptische Gotteshäuser.

2003 verabschiedete der Nationalrat das orientalisch-orthodoxe Kirchengesetz, durch welches die koptische Kirche den anderen christlichen Kirchen gleichgestellt wurde. In der Wiener Nationalbibliothek wird der weltweit größte Bestand an koptischen Handschriften und Dokumenten aufbewahrt.

Anfang Februar wurde Schenuda III. der "Kardinal-König-Preis" 2012 zuerkannt. Hans Marte, Präsident der von Kardinal König ins Leben gerufenen ökumenischen Stiftung Pro Oriente, zu deren Protektoren Shenouda gehörte, würdigte damals die "außergewöhnliche Weisheit und Klugheit" des Koptenpapstes und dessen besonderen Verdienste um die "Wiener christologische Formel", mit der theologische Missverständnisse nach 1.600 Jahren überwunden werden konnten.

Die altorientalischen ("monophysitischen") Kirchen hatten die auf dem Konzil von Chalcedon im Jahr 451 angenommene Zweinaturenlehre von der göttlichen und menschlichen Natur Christi abgelehnt. Der Streit über die Natur des Erlösers wurde erst in einem Briefwechsel zwischen Papst Johannes Paul II. (1978-2005) und Schenuda III. auf "sprachliche Missverständnisse" und politische Ursachen zurückgeführt und für beendet erklärt.

Der Preis hätte Schenuda an sich im Wiener Stephansdom übergeben werden sollen, erklärte Heinz Nussbaumer, Vizepräsident der Kardinal-König-Stiftung, am Samstagabend. Wegen des bereits schlechten Gesundheitszustandes des Papstes sei in Folge aber eine Reise von Kardinal Christoph Schönborn nach Kairo ins Auge gefasst worden. Letztlich habe die Übergabe aber nicht mehr stattfinden können, bedauerte Nussbaumer, der auch die langjährigen guten Beziehungen zwischen Schenuda und dem 2004 verstorbenen Kardinal König hervorhob.

Vor einem Jahr Spindelegger getroffen

Schenuda war lange auf der Seite des im Februar 2011 gestürzten ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak gestanden, "verneigte" sich dann aber "vor der Jugend, die das Land in eine Revolution führte". Davor war schon von einer Spaltung der koptischen Kirche die Rede gewesen. Anfang April 2011 war Shenouda in Kario mit Außenminister Michael Spindelegger zusammengetroffen.

Das koptische Kirchenoberhaupt betonte damals, die Gefahr für die koptischen Christen gehe in Ägypten nicht von offiziellen Stellen wie der Regierung, dem Militär oder islamischen Würdenträgern aus: "Wir haben gute Beziehungen, es gibt im Volk aber Fanatiker, die außer Kontrolle geraten können."

(APA)

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