Budapest will Telefongespräche und SMS-Mitteilungen besteuern

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Symbolbild(c) REUTERS (ROBERT GALBRAITH)
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Investoren laufen gegen die Steuerpläne der Budapester Regierung unter Viktor Orbán Sturm. Neben der Internet- und Telekomabgabe soll eine ab dem Jahr 2013 geltende Finanzsteuer 1,35 Milliarden Euro bringen.

Wien/Höll. Wenn es um neue Steuern geht, zeigt sich Ungarns Premierminister Viktor Orbán erfinderisch: Künftig sollen alle Telefongespräche besteuert werden, egal, ob diese am Festnetz oder am Handy geführt werden. Für jede Minute sollen zwei Forint (0,67 Cent) an den Fiskus abgeliefert werden. Auch SMS- und MMS-Mitteilungen sollen von der Abgabe erfasst werden. Zudem ist eine Internetsteuer geplant. Hier stehen die Details noch nicht fest. In Summe möchte die Regierung in Budapest damit jährlich bis zu 170 Mio. Euro einnehmen. Vorgesehen ist, dass alle ungarischen Handy- und Telekombetreiber die Abgabe von ihren Kunden einheben und das Geld dann an den Fiskus weiterleiten.

Neben der Internet- und Telekomabgabe wälzt Orbán noch eine Reihe anderer Steuerpläne. Mitte April kündigte er die Umsetzung einer Finanztransaktionssteuer an. Diese soll ab 2013 gelten und umgerechnet fast 1,35 Mrd. Euro pro Jahr bringen. Zum Vergleich: Die Wiener Regierung plant eine ähnliche Abgabe, gibt sich aber mit jährlich 500 Mio. Euro zufrieden. Denn anders als in Österreich sollen in Ungarn nicht nur die Geschäfte an der Börse besteuert werden, sondern die Abgabe soll für alle Finanztransaktionen gelten. Bei jedem Einkauf von Waren, bei jeder Überweisung wollen die Finanzbehörden 0,1 Prozent kassieren. Die Opposition läuft dagegen Sturm.

Um soziale Härtefälle zu vermeiden, wird nun über diverse Ausnahmeregelungen diskutiert. So sollen Abhebungen am Bankomaten von Privatpersonen und die Überweisung der Gehälter von der Steuer befreit werden. Kritiker befürchten negative Auswirkungen der Finanztransaktionssteuer auf die Budapester Börse, die mehrheitlich der Wiener Börse gehört. „Wir warten noch die Vorgaben der ungarischen Regierung ab“, meinte dazu eine Sprecherin der Wiener Börse. Doch grundsätzlich lehne man eine solche Abgabe ab. Denn sie könnte dazu führen, dass Investoren auf andere Börsenplätze ausweichen. Die Budapester Börse ist im internationalen Vergleich ein kleiner Handelsplatz.

Ausländische Investoren machen schon jetzt um Ungarn einen Bogen: Zunächst hat Orbán Mitte 2010 eine Bankensteuer eingeführt. Gemessen an der Wirtschaftsleistung ist es die höchste Bankenabgabe der Welt: 700 Mio. Euro soll sie jährlich bringen. Ein Jahr später wurden die Finanzkonzerne gezwungen, Fremdwährungskredite zu einem günstigeren Kurs umzuwechseln. Für Unmut sorgt eine andere Krisensteuer, die speziell für Großkonzerne gilt. So müssen beispielsweise Supermarktketten bis zu 2,5 Prozent ihres Jahresumsatzes an den Fiskus abliefern, egal, ob sie Gewinne oder Verluste machen. Die Banken und Firmen beschwerten sich darüber bei der EU.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2012)

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