Auf dem Gelände der früheren Semmelweisklinik entsteht eine teure Musikprivatschule.
Die Kluft zwischen Reich und Arm ist nicht zu übersehen: Die einen müssen jahrelang für ihre Kinder auf einen Platz in einer der viel zu wenigen öffentlichen Musikschule warten, bis diese oder die Eltern oder alle Beteiligten die Lust am Erlernen eines Instruments verlieren. Die anderen schicken ihre Kinder in eine Privatschule, die von einem Milliardär und US-Investoren gesponsert wird, und überweisen dafür pro Jahr zwischen 15.000 und 30.000 Euro. Wie das Land, wie die Stadt heißt, in der es diese Praxis gibt? Nein, wir sprechen nicht von den USA. Überraschung: Wir sprechen ausgerechnet – ja – von Wien.
Dort entdeckt Bürgermeister Michael Häupl soeben seine Liebe zur Elite. Auf dem Gelände der Semmelweisklinik soll eine private Musikschule mit dem originellen Titel Amadeus gegründet werden. Dagegen etwas ins Treffen zu führen kann maximal einem Vertreter der Wiener ÖVP einfallen. Dabei könnte sich Währings schwarzer Bezirkschef über die neue Institution freuen. Schön, wenn die sonst nicht gerade besonders bewegliche Wiener SPÖ über ihren ideologischen Schatten springt. Und jetzt wird auch ein Konzept erarbeitet, mit dem das Angebot der Musikschulen an den „normalen“ Schulen integriert werden soll. Das ist nicht nichts.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2012)