Griechenland: Wahlkampf mit Prostituierten

Symbolbild
Symbolbild(c) EPA (ORESTIS PANAGIOTOU)
  • Drucken

Die Sozialisten in Griechenland versuchen mit einer "Aktion scharf" vor den Parlamentswahlen am kommenden Sonntag, aus dem krisenbedingten Niedergang des Athener Zentrums politisches Kleingeld zu schlagen.

Athen/c.g. Einige Tage vor den griechischen Parlamentswahlen am kommenden Sonntag wurden im vernachlässigten Athener Zentrum rund um den Omonoia-Platz umfangreiche Razzien durchgeführt. Einerseits galten sie illegalen Ausländern, die in ein neu eingerichtetes Auffanglager in Attika gebracht werden sollten, andererseits illegal arbeitenden Prostituierten.

Die unkontrollierte illegale Zuwanderung und der Niedergang des Athener Stadtzentrums sind, neben den Sparmaßnahmen im Zeichen der Wirtschaftskrise, zu zentralen Wahlkampfthemen geworden. Rechtspopulisten wie den von der konservativen Nea Dimokratia (ND) abgespaltenen „Unabhängigen Griechen“ und der „Orthodoxen Volksversammlung“ (Laos), vor allem aber den Rechtsextremen der „Goldenen Morgenröte“ (Chrysi Avgi) ist es gelungen, diese Themen für sich zu instrumentalisieren.

Mit „Aktion scharf“ auf Stimmenfang

Kurz vor dem Wahltag versuchen nun zwei Minister der Sozialisten (Pasok) in diesem Bereich verlorenes Terrain wieder gutzumachen: Zur medienwirksamen „Aktion scharf“ haben Bürgerschutzminister Michalis Chrysochoidis und Gesundheitsminister Andreas Loverdos geblasen, beide politische Schwergewichte in ihrer Partei. Andreas Loverdos meinte zwar, dass kurz vor der Wahl einfach die tägliche Arbeit von Polizei und Gesundheitsdiensten mehr Aufmerksamkeit als sonst erhalte, doch die Tatsachen sprechen eine andere Sprache: Gerade jetzt wurde das erste von 30 Auffanglagern für illegale Immigranten eröffnet, die EU fordert sie seit Jahren. Und auch die Zurschaustellung von – mitunter minderjährigen – HIV-infizierten Prostituierten ist in Griechenland alles andere als Routine, auch wenn dies dem Vernehmen nach zum Schutz der Volksgesundheit geschieht.

Gesundheitspolitische Bombe

Die Aktion freilich deckte eine gesundheitspolitische „Bombe“ auf: Von den vorläufig 130 untersuchten Prostituierten sind nicht weniger als 17 HIV-positiv. Über 1600 Männer haben sich bisher aufgrund der veröffentlichten Fotos zur Gesundheitsuntersuchung gemeldet. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die Aids-Rate in der Bevölkerung 2011 um über 50 Prozent gestiegen ist und dass sie bei Drogensüchtigen geradezu explodiert ist.

Die „Aktion scharf“ hat auf diese Weise eine für die Großparteien unerwartete Entwicklung genommen. Im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit steht nicht mehr das entschlossene Durchgreifen von Polizei und Gesundheitsdiensten, sondern stehen die sicherheits- und gesundheitspolitischen Versäumnisse der Regierungsparteien in den vergangenen Jahren.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.