9/11: Auftakt für zweiten Terrorprozess auf Kuba

Guantanamo
GuantanamoAP
  • Drucken

Anklageverlesung gegen die fünf Drahtzieher. Der heutige Präsident Barack Obama schaffte es nicht, sie in den USA vor Gericht zu stellen.

Guantanamo. Zehn Jahre und acht Monate nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 haben die USA am Samstag einen neuen Versuch gestartet, den mutmaßlichen Drahtziehern den Prozess zu machen: Fernab der Vereinigten Staaten, auf dem streng abgeschirmten kubanischen US-Stützpunkt Guantánamo Bay, war für gestern, Samstag, die Verlesung der Anklage gegen Terror-Chefplaner Chalid Scheich Mohammed und vier Mitverschwörer angesetzt. Unter ihnen ist auch Ramzi Binalshibh, der als Cheflogistiker der Hamburger Zelle um den Flugzeugattentäter Mohammed Atta gilt.

Schon einmal, im Juni 2008, standen Scheich Mohammed, Ramzi Binalshibh, Ali Abd al-Aziz Ali, Mustafa Ahmad al-Hawsawi und Walid bin Attash vor einem Militärgericht in Guantánamo Bay. Zur Eröffnung des Hauptverfahrens kam es damals nicht, weil 2009 der Demokrat Barack Obama ins Weiße Haus einzog – mit der Absicht, das Gefangenenlager Guantánamo Bay zu schließen und Terrorverdächtigen den Prozess vor Zivilgerichten auf US-Boden zu machen. Aber all seine Pläne scheiterten an Widerstand im eigenen Land.

67 Seiten mit den Namen der Todesopfer

Die Anklage gegen den Chefplaner und seine Unterstützer lautet jetzt neuerlich auf Terrorismus, Flugzeugentführung, Verschwörung, Mord, Angriff auf Zivilisten, vorsätzliche schwere Körperverletzung und Zerstörung von Eigentum. Von den 88 Seiten der Anklageschrift werden allein auf 67 Seiten die Namen der 2936 Todesopfer der Anschläge aufgelistet.

60 Journalisten dürfen in Guantánamo den Auftakt verfolgen, andere im Militärstützpunkt Fort Meade bei Washington während einer Liveübertragung. Wobei „live“ relativiert werden muss: Ein Geheimdienstmitarbeiter filtert jedes im Gerichtssaal gesprochene Wort. Er kann per Knopfdruck den Ton ausschalten, damit nichts über die Ermittlungsmethoden der USA (Stichwort: Wasserfolter) nach außen dringen kann. Das Publikum hört die Verhandlung um 40 Sekunden zeitversetzt.
Allen Angeklagten droht die Todesstrafe – wie lange der Prozess dauern wird, wagt keiner zu sagen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Guantanamo
Außenpolitik

9/11-Verfahren: Angeklagte verweigern Beteiligung

Die fünf Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September gaben sich am ersten Tag des "Jahrhundert-Verfahrens" schweigsam. Ein Angeklagter störte die Verhandlung.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.