Ein-Personen-Unternehmen: Sein eigener Chef und vieles mehr

Ein typisches Beispiel? Mehr als 240.000 Unternehmer arbeiten ohne Mitarbeiter. Pfeifenbauer David Alexander Wagner ist einer davon.

So richtig zugesagt hat David Alexander Wagner die Informatik ohnehin nicht. Zwar arbeitete er nach seinem Studium noch einige Jahre in dieser Branche. „Aber so richtig zufrieden war ich nie“, sagt der 44-jährige Unternehmer: „Ich wollte nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit den Händen arbeiten. Und viel wichtiger: Ich wollte mein eigener Chef sein.“

So ließ er vor elf Jahren von Bits und Bites ab und sattelte zum Pfeifenmacher um. Mit seinem Unternehmen mit dem klingenden Namen „Baff“ fertigt er bis zu 80 Pfeifen pro Jahr nach Maß an. Er arbeitet als Ein-Personen-Unternehmen (EPU) – bewusst, obwohl es immer wieder Anfragen und Bewerbungen für Jobs gibt. „Ich möchte mir meine Freiheit behalten.“

EPU-Anteil bei 55 Prozent

David Alexander Wagners Karriere ist in Österreich schon lange kein Einzelbeispiel: Mehr als 240.000 Unternehmen haben – wie Wagner auch – keinen Beschäftigten, arbeiten als EPU, so die Informationen des heimischen EPU-Forum. Tendenz steigend: 2009 sind es noch 205.000 gewesen. Das entspricht etwa 55 Prozent – vor drei Jahren war es etwa die Hälfte – aller Betriebe in Österreich. Der Plafond scheint dabei noch nicht erreicht zu sein.


Laut Informationen des EPU-Forum bestehen in vielen Ländern Europas 60 Prozent und mehr aller Betriebe nur aus einer Person – sind also wie der Pfeifenmacher Wagner Marketer, Produzent, Controller und Verkäufer in einer Person. Vielfach ist die Bezeichnung als EPU die einzige Klammer, die diese verschiedenen Betriebe zusammenhält: Sie werken als Kommunikatoren und Masseure ebenso wie als Finanzdienstleister oder Versicherungsagenten. Im Gewerbe sind sie ebenso zu finden wie in der Industrie oder im Tourismus.

Frauenanteil steigt

Knapp 60 Prozent sind, wie auch der oberösterreichische Pfeiffenbauer, im Handwerk oder Gewerbe tätig. Im Durchschnitt ist der Ein-Personen-Unternehmer rund 45 Jahre alt. „Unternehmer“ ist auch in mehr als der Hälfte der Fälle die richtige Bezeichnung: Der Anteil der Unternehmerinnen an den EPU liegt bei – für Gründerstatistiken allerdings sehr hohen – 45 Prozent. Die Entwicklung spricht aber stärker für weibliche Selbstständige: 2009 wurden noch weniger als 40 Prozent der EPU von Frauen gegründet.


„EPU-Hauptstadt“ in Österreich ist Wien. Mit über 55.000 Unternehmen arbeitet mehr als ein Fünftel der Ein-Personen-Unternehmen hier. Knapp 50.000 sind es in Nieder- und etwa 36.000 Betriebe in Oberösterreich. Einige Bereiche der Unternehmerlandschaft werden stark von diesen kleinen Einheiten dominiert: Pfeifenbauer Wagner schnitzt seine Kleinode präzise nach Kundenwünschen – er ist somit wie viele andere auch ein gewerblicher Dienstleister. In dieser Gruppe arbeiten mehr als 85 Prozent der Firmen als EPU – eine One-Man Show als Unternehmer mit vielen zusätzlichen Funktionen. 

Auf einen Blick: Ein-Personen-Unternehmen

EPU machen mittlerweile einen sehr großen Teil der heimischen Unternehmerlandschaft aus: Mehr als jeder zweite Betrieb ist ein solches Ein-Personen-Unternehmen (EPU). In Summe sind es laut Informationen der WKO derzeit mehr als 240.000 – Tendenz steigend. Sie sind in vielen Branchen zu finden – gemeinsam ist ihnen, dass sie keinen Mitarbeiter haben. Der typische Ein-Personen-Unternehmer ist im Schnitt etwa 45 Jahre alt. 55 Prozent sind Männer. Die meisten EPU arbeiten in Wien (über 55.000). Einige Sparten werden stark von ihnen dominiert: So sind beispielsweise etwa 90 Prozent der Direktvertriebler EPU. Bei den gewerblichen Dienstleistern sind es 85 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2012)

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