Politik: „Dann liefern die Berater eine möglichst gute Show“

Michael Schaumann über naive Headhunter, „Feigenblätter“ und „Haus und Hof“-Berater.

Wie kommt man als Personalberater und Executive Search Unternehmen zu Aufträgen im Politik-nahen Bereich?
Executive Search-Unternehmen gelangen im Politik-nahen Bereich durch ihren Ruf, den sie als Headhunter genießen, zu Aufträgen. Wenn der Auftraggeber Politik-unbeeinflusste Besetzungen erreichen will, dann entscheidet man sich eben für jene Personalberater, die über diesen unabhängigen Ruf verfügen. Will man seitens der Politik die Besetzung beeinflussen, dann sucht der Auftraggeber jene Berater, die diese Beeinflussung auch zulassen. So einfach ist das.

Haben Politik und Parteien ihre „Haus- und Hof-Berater“ und andere ohne Kontakte erhalten keine Aufträge?
Die Personalbesetzung eines Vorstandes ist beispielsweise eine sehr heikle Entscheidung eines verantwortungsbewussten Aufsichtsrates: Wenn da was schief läuft, leidet das Unternehmen sehr lange. Daher entstehen bei hohem Vertrauen in die richtigen Kandidaten-Empfehlungen und in die Besetzung des Personalberaters oft lange Geschäftsbeziehungen. Insoferne gibt es natürlich „Haus- und Hofberater“. Wenn der Grund einer solchen dauerhaften Geschäftsbeziehung jener ist, dass man andere Interessen als die des Wohles des Unternehmens mit einem Personalberater verfolgt, ist das leider bei einigen Besetzungen auch traurige Realität. Dies ist dann besonders bitter, wenn diese Unternehmen dann von minder qualifizierten Managern „gegen die Wand“ gefahren werden, wie es in der Vergangenheit schon öfters passiert ist.“

Warum bewerben sich Personalberater für „politische Aufträge“? Wie wirkt sich das auf das Image aus?
Natürlich gibt es - so wie überall - auch in unserer Branche Einzelne, die glauben und vermuten, man könnte sich für solche „politische Aufträge“ durch „Gefügigkeit“ gegenüber politischen Besetzungswünschen profilieren. Seriöse Berater werden so etwas ablehnen. Auf das Image und das „Branding“ des Personalberaters wirken sich politische „Feigenblatt-Mandate“ negativ aus. Sehr schnell gerät man als Headhunter in den Ruf, ohnehin nur willfährig zu sein und man verliert rasch die Kompetenz für „normale und seriöse“ Mandate. Dieser Punzierung kann man sich nie mehr wirklich entziehen, die Glaubwürdigkeit ist verloren. Fast alle Klienten finden auch eine „parteipolitische abhängige Betätigung“ eines/ihres Beraters als unpassend.


Welche Spielregeln gelten dort in der Manager-Suche?
Es gelten die Spielregeln, die man vor Auftragsvergabe mit dem Auftraggeber vereinbart: entweder gibt es keinerlei Einfluss durch politische Wünsche oder es gibt einen. Ganz einfach. Das muss vor Beginn einer Beauftragung klar ausgesprochen werden. Und dann muss sich der Berater entscheiden, ob er den Auftrag annehmen will oder nicht. Ich rate nur: Der Ruf ist in unserer Branche rasch ruiniert und man sollte daher solche Entscheidungen sehr, sehr behutsam treffen.

Wie objektiv ist die Auswahl? Sind die Ausschreibungen nicht oft nur „Feigenblätter“, weil der Kandidat schon fest steht?
Die Objektivität der Auswahl eines finalen Kandidaten, hängt natürlich stark davon ab, wie objektiv auch der Berater ausgewählt wurde. Ich glaube, dass jeder gute Berater mit seinem Team den Ehrgeiz besitzt, die beste „Short List“ erstellen zu wollen, auch wenn der Kandidat seitens des Eigentümervertreters schon feststehen sollte.
Jeder bemühte Personalberater wird dann versuchen, durch tolle Alternativ-Kandidaten das eventuell schon feststehende Ergebnis zu beeinflussen und zu verändern. Sollte es sich um ein solches „Feigenblatt-Mandat“ handeln, und die gibt es natürlich am Markt, dann ist der Anspruch sowohl des Klienten als auch des Beraters, eine möglichst gute „Show“ zu liefern. Schwierig und amüsant wird die Sache, wenn der Berater im Glauben ist, objektiv zu handeln, im Hintergrund werden jedoch andere Fäden gezogen, Naivität ist also nicht angebracht.

Wie stark erhalten Sie Aufträge aus diesem Bereich? Bewerben Sie sich darum?
Wir erhalten im Bereich der sogenannten „Feigenblatt-Mandate“ keine Aufträge und haben seit unserem Bestehen am österreichischen Markt in 2002 keine durchgeführt. Im öffentlichen Bereich und im politischen Umfeld sind wir schon tätig und haben großen Respekt vor der Aufgabe, die Zukunft der Unternehmen, die zumindest teilweise dem österreichischen Steuerzahler gehören, durch richtige Personalempfehlungen mitzugestalten. Hier sind wir auch weiterhin aktiv, da wir davon überzeugt sind, durch gute Beratungsleistung und somit sehr gute internationale Kandidaten in diesen „öffentlichen Unternehmen“ einen großen Beitrag und Wert schaffen zu können – für einen Berater somit eine große Herausforderung und schöne Aufgabe.

Welche Anforderungen benötigt ein Manager im Politik-nahen Bereich?
Es ist für jeden Manager sehr wichtig zu verstehen, wie sein Eigentümer funktioniert. Ist der Eigentümer die öffentliche Hand, so muss er wissen wie diese denkt und handelt. Er wird dabei zum „Brückenbauer“ zwischen politischer Logik und marktwirtschaftlichen Gesetzen. Unternehmerisches Handeln sollte kompromisslos im Vordergrund stehen, aber er sollte sich für seine Entscheidungen unbedingt das Verständnis und damit die Unterstützung der Politik sichern.“

Worauf wird hier mehr geachtet als in der Privatwirtschaft?

Politisches Denken und Agieren, geschliffene Rhetorik, gute und trotzdem bescheidene Selbstdarstellung sowie hohe Argumentationskraft, ein geübter Umgang mit Journalisten und Medien, hoher Vernetzungsgrad und ein gutes Netzwerk sowie extrem hohe Kritikfähigkeit und ein gleichmütiges Wesen, vieles Irrationales ertragen zu müssen.

Zur Person

Michael Schaumann (41) ist seit 14 Jahren als Personalberater tätig – seit sechs Jahren als Managing Partner beim Executive-Search-Unternehmen Stanton Chase International.

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