Wie das Agrarsystem auf benachteiligten Golfplätzen einlocht

Golfclub, Elternverein, Wochenmagazin, Autohaus, Cateringservice: Die wunderbare Welt der heimischen Agrarförderung hält immer wieder Überraschungen bereit.

Agrarförderungen sind hauptsächlich dazu da, um die kleinbäuerliche Struktur aufrechtzuerhalten und kleinen Bauern in schwierigen Lagen das Überleben zu ermöglichen – richtig?

Tja, man kann natürlich auch an den Weihnachtsmann glauben. Kleinbauern, die ein paar Tausender im Jahr bekommen, empfehlen wir jedenfalls, einmal den Hofcomputer anzuwerfen und die ohnehin schon eingeschränkte Transparenzdatenbank (www.transparenzdatenbank.at) zu durchforsten.

Die größeren Kleinbauernförderungen (etwa die 2,6 Mio. Euro für das Heizkraftwerk des Zuckerwassermilliardärs Mateschitz) sind ohnehin schon durch die Medien gegeistert. Aber auch darunter liegen die Schmankerln nur so herum.

Ein Posting auf DiePresse.com empfiehlt etwa, „Verlagsgruppe News“ einzugeben. Bingo: 113.400 Euro im Jahr 2011 im Rahmen der „Investitions- und Regionaloffensive“.

Wir verkneifen uns jetzt Mutmaßungen darüber, welches landwirtschaftliche Produkt „News“ am ehesten herstellen könnte und fragen nach. „Fragen sie News“, heißt es in der Landwirtschaftskammer. Wieso, die vergeben die Förderungen ja nicht? „Das macht die AMA.“

Die „zahlt aber nur aus“, wie man dort versichert, fühlt sich für die Förderentscheidung aber nicht zuständig. „Es wird wohl was in Richtung Inserate oder Broschüren sein“, meint man dort. Denn Information gehöre ja auch zur ländlichen Entwicklung. Aus EU-Agrartöpfen? Gibt es da nicht eigene Inseratenbudgets? Genaueres müsse das Lebensministerium wissen, heißt es. Aber leider nicht Freitag nach Mittag. Da hebt in österreichischen Ministerien nur noch der Portier ab.

Befassen wir uns also mit echten Bergbauern, die die Förderung ja am Nötigsten haben. Etwa mit dem Golf- und Landclub Ennstal. Der hat 2011 unter anderem 557,40 Euro aus dem Bergbauernprogramm bekommen. Als „Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete“. Kein wirklicher Aufreger, denn die 557 Euronen reichen bei den noblen, aber offenbar benachteiligten Bergbauern-Golfern nicht einmal für eine halbe Aufnahmegebühr. Aber auch Kleinvieh macht Mist.

Die weitere Suche nach förderungswürdigen Bauern fördert unter anderem Agrarzahlungen an Partyservices (etwa Capital Catering), Autohäuser und Vermögensverwalter (etwa Blf Vermögensverwaltung) zutage. Werden schon irgendwelche Wiesen haben, die sie EU-konform mähen. Wirklich kurios wird es aber unter „E“ wie Elternverein. Dort sind als Empfänger von Agrarsubventionen die Elternvereine von insgesamt 16 Schulen (von der Volksschule Novaragasse in Wien bis zur Volksschule Bludenz Mitte in Dornbirn) aufgelistet.

Bei diesen „Bauernzahlungen“ zwischen 50 und 1600 Euro geht es überwiegend um die Schulmilch. Das lässt einen kleinen Einblick in die Wirkungsweise des Agrarsystems zu. Milch wird in diesen Fällen dreifach gefördert: Bei den Bauern, die ja jedenfalls Subventionsempfänger sind, bei den Molkereien, die sich ebenfalls in der Transparenzdatenbank finden und – in diesen Fällen – beim Endkonsumenten auch noch. Und trotzdem kostet sie noch was. Das nennt man im hiesigen Agrarsystem wohl Effizienz.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2012)

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