Berlins Hilfe für Atommacht Israel

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Laut "Spiegel" soll die deutsche Regierung stets angenommen haben, dass Israel die U-Boote vom Typ "Dolphin", die Israel seit den 1990ern geliefert wurden, als Kernwaffenbasen nutzen wolle. Bisher hat sie das dementiert.

Tel aviv/Berlin/Wien/Wg/Ag. Erst vorige Woche hat Deutschlands Bundespräsident Joachim Gauck bei seinem Staatsbesuch in Israel bekräftigt, sein Land werde weiter für das Existenzrecht Israels eintreten. Auch ein Beitrag für die Sicherheit Israels sei „für die deutsche Politik bestimmend“.

Dieser Beitrag bestand bisher unter anderem in der Lieferung von vier U-Booten der „Dolphin“-Klasse an Israels Marine, zwei weitere werden in den nächsten Jahren ausgeliefert. Doch wie das deutsche Magazin „Spiegel“ nun berichtet, dürften nicht nur die Gerüchte stimmen, dass diese Boote auch als Basen für Atomraketen dienen könnten: Die deutsche Regierung sei bisher sogar davon ausgegangen, dass Israel sie nuklear bestücken werde – dabei hat sie stets betont, von einer etwaigen atomaren Bewaffnung nichts zu wissen.

Ex-Staatssekretär plaudert aus

Der „Spiegel“ stützt sich auf Quellen in Deutschland, Israel und den USA – unter anderem auf den früheren Staatssekretär im deutschen Verteidigungsministerium, Lothar Rühl. Zudem sei Deutschland seit den 1960ern über Israels Atomwaffenprogramm informiert gewesen. Israel gibt den Besitz solcher Waffen weder zu noch dementiert es ihn, im Sinn einer Politik der Abschreckung durch Verunsicherung. Andererseits gehen alle Militärkundigen davon aus, dass Israel etwa 80 bis 200 A-Bomben hat, die durch Flugzeuge oder „Jericho“-Raketen ans Ziel befördert werden könnten. Aus israelischen und deutschen Regierungskreisen gab es vorerst keine Stellungnahme.

Waffen als „Holocaust-Sühne“

Israel bestellte die ersten drei Boote kurz nach dem Golfkrieg 1990/91, als der Irak, der Kuwait besetzt hatte, Raketen auf Israel gefeuert hatte. Entgegen den Befürchtungen trugen sie zwar keine chemischen Gefechtsköpfe, Israels Militär aber kam zur Auffassung, dass es auch maritime Systeme benötigen werde, die ferne Landziele mit Raketen angreifen können. Deutschland unter Bundeskanzler Helmut Kohl erklärte sich aus einem historischen Schuldverhältnis gegenüber Israel wegen des Holocaust bereit, die Boote zu bauen und zu liefern. Seit 2006 wurden drei technisch entwickeltere Modelle geordert.

Die allerersten zwei Dolphins bezahlte Deutschland zur Gänze, das dritte zur Hälfte, die übrigen drei zu je einem Drittel. 2011 soll Kanzlerin Angela Merkel die künftige Lieferung des rund 400 Millionen Euro teuren sechsten Bootes vom Stopp des israelischen Siedlungsbaus in den besetzten Gebieten abhängig gemacht haben; Israel erfüllte die Forderung nicht.

Offiziell begründete Israel die U-Boot-Käufe mit der Sicherung der Seegrenzen und der Möglichkeit zur Machtprojektion in ferne Gewässer. Da es aber hauptsächlich vom Land her bedroht ist und die Dolphins etwaige auf Israel zuhaltende Raketen oder Flugzeuge nicht bekämpfen können, vermuteten Militärexperten rasch, dass die Boote auch den Zweck haben sollen, Raketen gegen Landziele abzufeuern – und zwar auch Atomraketen: Einige ihrer Torpedorohre sind nämlich ungewöhnlich groß, sie sind geeignet für einen bestimmten Typ nukleartauglicher Marschflugkörper und somit als Zweitschlagwaffe, sollte Israel etwa von iranischen Atomwaffen attackiert und verwüstet worden sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2012)

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