Deutschland siegt: Diesmal rettet die Griechen niemand

Deutschland siegt Diesmal rettet
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Deutschland musste gegen völlig überforderte Griechen nur nach dem überraschenden Ausgleich ein wenig zittern. Dann zerlegte die Löw-Elf die hellenische Abwehr aber nach Lust und Laune und siegte 4:2.

Danzig/Wien. Bastian Schweinsteiger und seine Teamkollegen vom FC Bayern hatten wohl ein starkes Gefühl von Déjà-vu. Wieder stand ihnen eine blau gekleidete Mannschaft gegenüber, der anzumerken war, dass sie eigentlich keine Lust auf ein Fußballspiel hatte. Diesmal handelte es sich nur eben nicht um das Champions-League-Finale gegen Chelsea, sondern das EM-Viertelfinale der DFB-Auswahl gegen Griechenland.

Teamchef Joachim Löw wusste natürlich genau, was ihn erwarten würde. Deshalb entschied er sich für ein kleines Tuning seiner bislang etwas stotternd laufenden Offensive: Mario Gomez, Lukas Podolski und Thomas Müller saßen nur auf der Bank, dafür fanden sich Miroslav Klose, Andre Schürrle und Marco Reus erstmals in der Startelf wieder.

Schon nach drei Minuten hätte Löws Umbau beinahe schon Erfolg gebracht: Klose staubte ab, der Treffer zählte aber wegen minimaler Abseits-Position nicht. Angela Merkel, die deutsche Bundeskanzlerin, war auf der Ehrenloge schon zum Jubeln aufgesprungen.

Die Griechen machten sich nicht einmal die Mühe, die wenigen Kontermöglichkeiten zu Ende zu spielen. Jeder Grieche, der in der gegnerischen Hälfte in Ballbesitz kam, war völlig auf sich allein gestellt. Nur in Ausnahmefällen wagte sich der Europameister von 2004 über die Mittellinie. Die Deutschen konnten daraus aber kein Kapital schlagen. In der neuformierten Offensive gab es zu viele Abstimmungsprobleme, um die zwei Fünferketten der Griechen vor dem eigenen Tor in Bedrängnis zu bringen. Der Rasen, der einem EM-Viertelfinale unwürdig war, machte die Aufgabe nicht leichter. Offensichtlich hat man in Danzig ganz genau kalkuliert, wie lange das Geläuf zu halten hat.

Auch eine kurze Stärkephase brachte nicht das 1:0 für die Deutschen: Erst war Mesut Özil zu lässig (23.), dann verpasste Klose knapp einen Reus-Pass (24.), dann zielte Reus selbst daneben. Die Ungeduld im deutschen Lager stieg, zeitweise wagte sich gar der Torwart Manuel Neuer an den Mittelkreis vor, um ob seiner Unterbeschäftigung keine Sinnkrise zu bekommen.

Lahm bricht den Bann

Und doch ging die Löw-Elf mit der hochverdienten Führung in die Pause: Sotirios Ninis beschloss, dem vorstoßenden DFB-Kapitän Philipp Lahm lieber aus dem Weg zu gehen, der Bayern-Spieler zirkelte den Ball aus 20 Metern perfekt ins lange Eck. Kurz nach Wiederanpfiff zeigten die Griechen aber, warum sie in diesem Viertelfinale stehen: wegen ihrer unglaublichen Effizienz. Der zweite ernst zu nehmende Konter brachte schon den Ausgleich: Dimitrios Salpingidis enteilte Lahm und flankte vor das Tor, Georgios Samaras löste sich perfekt von Jerome Boateng und schob den Ball unter Neuer hindurch ins Tor (55.).

Das 1:1 hatte nicht lange Bestand. Sami Khedira nahm eine Boateng-Flanke volley und knallte den Ball in die Maschen. (61.) Angela Merkel war außer sich vor Freude und das Hinsetzen sollte sich gar nicht mehr auszahlen. Klose legte das 3:1 nach - per Kopf natürlich (68.). Das 64. Team-Tor des 34-Jährigen entschied die Partie. Reus legte gar noch das 4:1 drauf (74.).

Griechenland kam per Elfer noch zum Anschlusstreffer durch Salpingidis (90.), weil Torossidis Boateng an den Arm geschossen hatte. Doch die Griechen konnte diesmal kein noch so großer Rettungsschirm vor der Pleite bewahren.

Stimmen zum Spiel:

Joachim Löw (Deutschland-Teamchef): "Das sind schon Klasseleistungen: viermal hintereinander Halbfinale, 15 Pflichtspielsiege in Folge und jetzt alle vier EM-Spiele gewonnen. Und das mit der jüngsten Mannschaft des Turniers. Wir können schon stolz sein auf diese Mannschaft. Griechenland ist einfach eine kuriose Mannschaft, die haben aus einer Chance zwei Tore gemacht. Die Griechen haben nichts gemacht, die haben nur Fußball verhindert. Es war klasse, wie die Mannschaft nach dem 1:1 wieder aufs Tempo gedrückt hat. Die Tore sind dann fast zwangsläufig gefallen. Heute war der Tag für Veränderungen. Ich habe gespürt, dass die Zeit reif ist, das eine oder andere zu verändern."

Sami Khedira (Deutschland-Torschütze): "Wir sind selbstverständlich glücklich über den Einzug ins Halbfinale. Leider haben wir es spannender als nötig gemacht. Nach dem Ausgleich haben wir zum Glück wieder das Tempo hochgefahren und verdient gewonnen. Wir haben auf die griechische Spielweise die richtige Antwort gegeben, wir haben uns viel bewegt und viele Chancen herausgespielt. Größtenteils war das ein sehr gutes Spiel."

Philipp Lahm (Deutschland-Kapitän und -Torschütze): "Wir haben es uns unnötig schwer gemacht. Griechenland war wie erwartet sehr defensiv eingestellt. Die 1:0-Führung haben wir hergeschenkt, da waren wir zu leichtsinnig. Wir haben einige einfache Fehler gemacht, das müssen wir abstellen."

Sokratis Papastathopoulos (Griechenland-Verteidiger): "Wir haben gegen eines der besten Teams der Welt gespielt. Wir haben alles versucht und auch zwei Tore geschossen. Vielleicht hätten wir etwas vorsichtiger sein sollen. Ich hoffe, dass wir den Menschen in Griechenland viel Freude bereitet haben, der Einzug ins Viertelfinale war ein großer Erfolg."

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2012)

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