Stadtluft zieht an: Bis zu 20 Prozent weniger Landbewohner

Die Landbezirke vor allem in Kärnten, der Steiermark und in Niederösterreich werden bis zum Jahr 2030 zehntausende Einwohner verlieren.

„Nein“, meint Alexander Hanika, „unbevölkert werden die Bezirke nicht sein. Aber sie werden sehr, sehr dünn besiedelt sein, und das vor allem mit alten Menschen.“

Hanika beschäftigt sich bei der Statistik Austria mit der Bevölkerungsentwicklung in Österreich. Und die sieht für die Randbezirke des Landes so schlecht aus wie in der Vergangenheit auch. „Zuwächse bei den Erwerbspersonen wird es nahezu ausschließlich in den Ballungszentren geben.“ Das Land setzt auch in den kommenden Jahrzehnten sein langsames Sterben fort.

Am schlimmsten trifft es „den Süden Österreichs: Kärnten, die Mur-Mürz-Furche, das Südburgenland. Und dann natürlich auch das nördliche Waldviertel.“ Die Statistik Austria hat eine Prognose bis 2030 erstellt. Die negative Hitliste führt der Bezirk Murau (Steiermark) an, mit einem Rückgang bei der Einwohnerschaft von 20 Prozent. Mürzzuschlag (Steiermark) wird 17 Prozent verlieren, Judenburg (Steiermark) 16 Prozent.

Die Statistik hat sich in ihrer Untersuchung nur die Entwicklung auf Bezirksebene angeschaut, nicht die auf Gemeindeebene. „Lokal ist es dort natürlich nicht anders, für die betroffenen Gemeinden aber viel schlimmer.“ Denn der Trend zur Stadt zeige sich auch hier. Die Einwohnerschaft im Bezirk Reutte in Tirol hat sich seit 1900 nahezu verdoppelt, während sich die Zahl der Menschen, die im Bschlabertal, einem Seitental des Lechtals, wohnen, fast halbiert hat (siehe oben).

Immer der Arbeit nach. „Das Problem sind die Arbeitsplätze“, konstatiert Hanika. Gerade in der Steiermark habe man den Bergbau gehabt, der verschwunden sei, und eine Eisenindustrie, die langsam zu einem Ende kommt. „Die Jungen finden keine Arbeit mehr und gehen in die Ballungszentren. Oder sie studieren und bleiben danach in der Stadt.“ Zurück bleiben die Alten. Auf der Webseite der Statistik Austria (www.statistik.at/webde/interaktivekarten/0562 54.html) gibt es eine interessante interaktive Karte, auf der man die Alterszunahme bis 2050 darstellen kann. Deutlich sieht man die Überalterung Österreichs, die für das Pensionssystem zu einem gravierenden Problem wird.

(c) Die Presse / HR

Eine Prognose bis ins Jahr 2050 belegt diesen Trend: In 38 Jahren werden im Wiener Stadtumland zwischen 25 und 30 Prozent mehr Erwerbspersonen leben als noch im Jahr 2009. „Sehr starke Zuwächse gibt es auch in und um Graz, in Wien selbst, aber auch in allen Landeshauptstädten.“ Unterm Strich wird die Einwohnerschaft Wiens um 22 Prozent, die von Niederösterreich – dank der Wiener Umlandgemeinden – um 21 Prozent wachsen.

Vorsichtige Trendumkehr? Einige Demografen sehen freilich schon wieder einen Trend zurück aufs Land. Noch ist er nicht stark genug, um eine Gegenbewegung zu sein und der Landflucht Einhalt zu gebieten. Aber gerade in der Altersgruppe zwischen 25 und 40 Jahren gibt es einen Zug hinaus aufs Land. Das hat mit den Kindern zu tun, aber auch mit den Kosten: Während der Traum von den eigenen vier Wänden für viele junge Familien in der Stadt unerfüllbar bleibt, kann man ihn auf dem Land realisieren. Doch wenn die Kinder älter werden, ziehen viele Familien wieder zurück in die Stadt. rie

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2012)

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