Wirtschaftsingenieurwesen: Im Komplexen den Überblick bewahren

Der Wirtschaftsingenieur verbindet technische Tüftelei mit betriebswirtschaftlichem Denken.
Der Wirtschaftsingenieur verbindet technische Tüftelei mit betriebswirtschaftlichem Denken.(c) Bilderbox
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Wer das Optimierungsgen hat, ist bei diesem Studium richtig. Der Hang zum Tüfteln allein reicht aber nicht. Gefragt sind auch kommunikative Fähigkeiten.

Über 2000 Studierende sind an der TU Wien in Wirtschaftsingenieurwesen – Maschinenbau inskribiert. Hier wie an der TU Graz wird diese Studienrichtung mit technischem Schwerpunkt als Bachelor- und Masterstudium angeboten. Unter den Absolventen sei die Arbeitslosigkeit gleich null, die Einstiegsgehälter seien überdurchschnittlich, heißt es vonseiten der technischen Universitäten.

Hauptteil im Bereich Technik

Laut dem österreichischen Verband der Wirtschaftsingenieure (WING) soll die Ausbildung zu mehr als der Hälfte aus technischen Fächern bestehen, zu mindestens 20 Prozent wirtschaftliche und zu mindestens zehn Prozent integrative Fächer beinhalten. „Das Fach gibt es in Österreich seit 20, 30 Jahren. In Deutschland liegen die Anfänge rund 100 Jahre zurück“, sagt Georg Sommer, Leiter des Studiengangs Wirtschaftsingenieur an der FH Wiener Neustadt. In den ersten Semestern stehen die technisch-physikalischen Grundlagen des Maschinenbaus, der Elektrotechnik und der IT im Fokus, gleichzeitig Einblicke in Aufbau und Organisation von Unternehmen, Marketingstrategien sowie Kosten- und Finanzierungsfragen. „Wer mit dem Optimierungsgen ausgestattet ist und gern Prozesse effizient gestaltet, ist hier richtig. Eine Vorliebe zum Tüfteln ist allerdings zu wenig“, mahnt Sommer. Eine Spezialisierung wie an den Universitäten sei an der FH Wiener Neustadt nicht vorgesehen, „wir wollen eher Generalisten ausbilden.“ Planung, Supply Chain Management und Qualitätssicherung seien die Themen, die für Jobs in diesem Bereich, der Technik sowie Wirtschaft betrifft, gefragt seien, sagt Sommer.

„Die Studiengänge richten sich an Menschen, die sich für die Schnittstelle von Technik und Wirtschaft in internationalen oder heimischen Unternehmen interessieren. Ziel ist, in komplexen Wirtschaftsprozessen mitwirken zu können und dabei den Überblick zu bewahren“, sagt Gerhard Hilmer, Leiter des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen am Management-Center Innsbruck (MCI).

Interesse auch an Menschen

Diese Schnittstellenfunktion verlange auch ein Interesse an Interaktion mit anderen Menschen und Kulturen, erklärt er. Neben den ingenieurwissenschaftlichen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundlagen werden Produktionstechnik und Management vermittelt. Prozessoptimierung, Durchführung von Betriebsanalysen oder Instandhaltung von technischen Anlagen stehen ebenso auf dem Lehrplan. Im Zentrum steht dabei immer ein praxisbezogener Ansatz. Das Fach wird am MCI sowohl als Bachelor- als auch als Masterstudium und sowohl in der Vollzeitvariante als auch berufsbegleitend angeboten.

„Wirtschaftsingenieure sind Brückenbauer zwischen Technikern und Betriebswirtschaftlern und vereinen beide Kompetenzen“, fasst Martin Adam zusammen. Er leitet den Bachelor-Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen an der FH Kufstein Tirol. Im Fokus des Vollzeitstudiums steht der Entstehungsprozess technischer Produkte von der Identifizierung von Marktchancen bis zur tatsächlichen Produktion, mit Vertiefung entweder im Bereich der Produktentwicklung oder der Produktion. „Die Hauptvoraussetzung ist sicher eine gewisse Neugier für einen breiten Bereich und eine gewisse technische Begabung. Schaden kann auch nicht ein offenes, kommunikatives Verhalten. Besonders vor dem Hintergrund, dass Wirtschaftsingenieure oft an organisatorischen Schnittstellen tätig sind“, ergänzt Sommer.

Vielfältige Karrierewege

„Aufgrund ihrer Ausbildung stehen den Absolventen Karrierewege ins Management offen, sie sind aber auch Generalisten, die im technischen Projektmanagement oder als Technikspezialisten in der Industrie tätig sind“, sagt Erich Hartlieb, Leiter des berufsbegleitenden Bachelorstudiengangs Wirtschaftsingenieurwesen an der FH Kärnten. Jobs finden sich laut Hartlieb neben der Industrie in Technologie-Start-ups, in Maschinenbau- und Produktionsunternehmen sowie in technischen Büros.

Web:
www.wing-online.at
www.mci.edu
www.fh-kufstein.at
www.fhwn.ac.at
www.fh-kaernten.at
www.tuwien.ac.at
www.tugraz.at
www.technikum-wien.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2018)

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