Einen Schritt vortreten statt zurückweichen

Porträt. Executive Coach Michaela Kern ärgert es, wenn sich Frauen unter ihrem Wert verkaufen. Das will sie ändern.

Als junge Absolventin hatte Executive Coach Michaela Kern ein Schlüsselerlebnis. Die frisch gebackene Volkswirtin bewarb sich für eine Stelle, die mit viel Reisetätigkeit verbunden war. Sie wurde abgelehnt – weil „Sie als Frau nicht in gewisse Länder reisen können“, sagte man ihr. Das ärgerte sie. Warum sollten ihr als Globetrotterin, die damals bereits ein halbes Jahr auf dem Lastwagen durch Afrika getrampt war, „gewisse“ Länder verwehrt sein?

Zweierlei Maß bei Frauen und Männern bringt sie noch heute auf die Barrikaden. Donald Trump ist 70 Jahre alt, und niemand stößt sich daran. Hillary Clinton wurde mit ihren 69 Jahren mit dem Vorwurf konfrontiert, zu alt für das höchste Amt im Staat zu sein. Dasselbe passiert in Unternehmen, sagt Kern. Warum machen Frauen ab Mitte 40 kaum mehr Karrieresprünge?

Wer nicht auffällt, fällt durch

Kern, die selbst viele Jahre im CEE-Konzernmanagement von Estée Lauder tätig war – zuletzt als Brand Manager – beobachtete: Frauen verkaufen sich oft unter ihrem Wert. Sie halten mit ihrer Meinung hinter dem Berg. Sie sagen lieber ein beschwichtigendes „Passt schon“, als ihre eigene Meinung zu artikulieren. Sie streben selten direkt eine Beförderung an. Wird sie ihnen angeboten, springen sie oft nicht ins kalte Wasser, wie es jeder Mann tun würde, sondern belegen noch einen Kurs und noch einen, bis sie sich „sicher“ fühlen. Sie sprechen nicht darüber, was sie leisten, was sie bisher geleistet haben, und was sie noch leisten werden. Woher soll es dann ihre Umgebung wissen?

In den späten 1990er-Jahren verließ die gebürtige Kärntnerin Estée Lauder und sattelte um. Sie absolvierte eine Ausbildung zum systemischen Coach und berät seither Executives beiderlei Geschlechts in Leadership- und Präsentationsfragen. Dabei kämpft sie gegen Stereotypen, wann immer sie ihr begegnen: „Redet man eine Frau scharf an, weicht sie instinktiv einen Schritt zurück. Ich bringe ihr bei, einen Schritt vorzutreten. Das wirkt Wunder.“

Gute Arbeit allein genügt nicht

Als Kern die Leitung des Frauenförderprogrammes Zukunft.Frauen angeboten wurde, war sie Feuer und Flamme. „Frauen müssen sich sichtbar machen“, sagt sie, „viele denken, es genügt, die Dinge außerordentlich gut zu machen. Sie müssen auch darüber reden. Laut und deutlich.“

Im Lehrgang vermittelt sie Managerinnen nun alles Wichtige für den Sprung in Vorstand, Aufsichtsrat oder für die Entscheidung, sich aus einer gehobenen Position heraus selbstständig zu machen.

„Man muss sich klar über sich und seine Ziele sein“, sagt sie, „nur dann kommuniziert man klar.“ Für sie gehört die Zukunft der Kooperation: „Und genau das können Frauen unglaublich gut.“

Das zeigt sich auch bei den Treffen des lebhaften Alumnae-Netzwerks von Zukunft.Frauen. Von den Absolventinnen wird es gern als besonderes Asset des Lehrgangs bezeichnet. Man unterstütze sich in geschäftlichen Belangen, aber auch so manche private Freundschaft sei schon daraus entstanden. Aktuell treffen sich dort 192 Alumnae aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst. 15 von ihnen nahmen ein Aufsichtsratsmandat an, 76 stiegen auf oder gründeten selbst. Die anderen blieben bereichert dort, wo sie waren. Für Kern ein guter Schnitt: „Mehr Luft nach oben gibt es derzeit nicht.“

Auffallend ist der starke Trend in Richtung Selbstständigkeit. Kern wundert das nicht: „Wir bestärken Frauen in ihrem nächsten Karriereschritt. Viele krempeln dann die Ärmel auf und tun, was sie schon lange tun wollten.“

AUF EINEN BLICK

Zukunft. Frauen. Das Führungskräfteprogramm hat das Ziel, mehr Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat oder in der Selbstständigkeit zu etablieren und zu vernetzen. Entwickelt wurde Zukunft. Frauen nach norwegischem Vorbild von Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW), Wirtschaftskammer Österreich (WKO) und Industriellenvereinigung (IV).Es besteht aus acht halbtägigen Themenblöcken und Kamingesprächen mit Experten. Der zwölfte Durchgang findet vom Februar bis Juni 2017 statt. Zugangsvoraussetzungen sind mindestens fünf Jahre Führungserfahrung, Branchen- und Fachwissen, starke Vernetzung und ein für die nächsten beiden Jahre angestrebter Karriereschritt. Die Bewerbung läuft bis 21. November. www.zukunftfrauen.at

(Print-Ausgabe, 12.11.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.