21 Monate für Übergriffe am Wiener Donauinselfest 2017

NEUAUFLAGE PROZESS UM SEXUELLEN UeBERGRIFF AUF STUDENTIN AM WIENER DONAUINSELFEST 2017
NEUAUFLAGE PROZESS UM SEXUELLEN UeBERGRIFF AUF STUDENTIN AM WIENER DONAUINSELFEST 2017APA/GEORG HOCHMUTH
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Für geschlechtliche Nötigung in zwei Fällen wurde der Angeklagte zu 21 Monaten Haft, davon fünf Monate unbedingt, verurteilt. Der Prozess war wiederholt worden, da das erste Urteil "aktenwidrig" gewesen war.

Am Donnerstag ist am Wiener Landesgericht der Prozess um einen sexuellen Übergriff auf eine junge Studentin am Donauinselfest 2017 wiederholt worden. Der Angeklagte - ein 20 Jahre alter Afghane, der als Lehrling in einem Restaurant beschäftigt ist - wurde wegen geschlechtlicher Nötigung in zwei Fällen zu 21 Monaten Haft, davon fünf Monate unbedingt verurteilt.

Vom massivsten Vorwurf - der versuchten Vergewaltigung - wurde der Lehrling wie schon im ersten Rechtsgang freigesprochen. Der Schöffensenat ging davon aus, dass der Bursch sein Opfer - eine slowakische Austauschstudentin - in ein Gebüsch gezerrt hatte und ihr dort das Leibchen ausziehen wollte, um sie an den Brüsten zu betasten. Mehr war nach Ansicht des Gerichts nicht nachzuweisen.

Der Schöffensenat erteilte dem Burschen zusätzlich die Weisung, sich einer Therapie gegen sexuelle Gewalt zu unterziehen. Außerdem wurde Bewährungshilfe angeordnet. Dass Urteil ist nicht rechtskräftig. Während Verteidiger Andreas Reichenbach das Urteil akzeptierte, gab Staatsanwalt Wolfram Bauer vorerst keine Erklärung ab.

"Klar, dass man Damen kennenlernen kann"

Das inkriminierte Geschehen hatte sich am 24. Juni 2017 gegen 23.00 Uhr vor bzw. unweit einer großen Bühne am Festival-Gelände abgespielt. Wie der Angeklagte erklärte, war er aufs Donauinselfest gegangen, "um etwas Spaß zu haben, zu tanzen und Musik zu hören". Es sei "klar, dass man bei so einem Fest eine Dame kennenlernen kann." Ihm sei die Slowakin, die damals ein Austauschsemester in Wien verbrachte, aufgefallen, weil sie sich ausgelassen zur Musik bewegt hätte. Angeregt von etwas Alkohol und anderen jungen Männern, die ebenfalls Kontakt zum weiblichen Publikum gesucht hätten, habe er die Frau von hinten angetanzt, umarmt, sich an ihren Körper gedrängt und - auch mit den Händen - Nähe hergestellt.

"Sie hatte kein Problem damit", behauptete der Afghane. Als er sie auf den Hals und den Mund küsste, habe sie das zugelassen und ihn nicht weggestoßen: "Wenn sie das gemacht hätte, hätte ich das mitbekommen."

"Ich wollte niemandem wehtun", versicherte der Bursche. Und weiter: "Wenn ich die Dame nicht verstanden habe, bekenne ich mich schuldig." Diese hätte ihn aber beim Tanzen ebenfalls geküsst, weshalb er ihr gefolgt sei, als sie sich plötzlich von ihm entfernte: "Ich wollte sie fragen, warum sie weggegangen ist und nicht mehr tanzen möchte."

Der Staatsanwaltschaft zufolge nahm die Frau deshalb Reißaus, weil sie mit dem aufdringlichen Gebaren des jungen Mannes keineswegs einverstanden war, das als geschlechtliche Nötigung zur Anklage gebracht wurde. Die Studentin setzte sich in Richtung eines Treppelwegs ab. Der 20-Jährige folgte ihr, soll sie gepackt, über eine Böschung befördert und in ein Gebüsch gezogen haben, wo er ihr laut Anklage das T-Shirt vom Leib reißen wollte und sich schließlich auf die am Boden Liegende legte. Damit erfüllte er nach Ansicht der Anklagebehörde den Tatbestand der versuchten Vergewaltigung.

Vollendet wurde die Vergewaltigung laut Anklage nur deshalb nicht, weil der Frau die Polizei zu Hilfe kam. Mehrere Beamte der Bereitschaftseinheit (BE) hatten am Donauinselfest Dienst in Zivil versehen, nachdem es zahlreiche Beschwerden von Besucherinnen und Security-Mitarbeitern über männliche Belästiger gegeben hatte. Drei Beamten fiel der Angeklagte bereits vor der Bühne auf, indem er in ihren Augen der Slowakin erkennbar gegen ihren Willen zu nahe kam. Aufgrund des Gedränges konnten die Polizisten zunächst nicht einschreiten. Als sich aber die junge Frau davonmachte und die Beamten bemerkten, dass ihr der Afghane folgte, setzten sie nach.

Einer von ihnen erkannte rechtzeitig die für die Frau brenzlige Situation, folgte den beiden ins Gebüsch und konnte den 20-Jährigen von der Studentin ziehen. "Sie hatte den Eindruck, er wollte unbedingt Sex", zitierte Staatsanwalt Wolfram Bauer aus den späteren Angaben der Frau. Die Studentin, die längst wieder in ihrer Heimat lebt, wurde mittels einer Videokonferenz als Zeugin befragt. Aus Opferschutzgründen wurde während ihrer Einvernahme die Öffentlichkeit vom Verfahren ausgeschlossen.

"Über den Treppelweg geschliffen"

Der Polizist, der ihr zu Hilfe kam, beschrieb im Anschluss, der Afghane habe die Studentin erfasst und "über den Treppelweg geschliffen". Er habe die beiden nur mit Hilfe einer Taschenlampe in dem dunklen Gebüsch gefunden, in das die junge Frau gezerrt wurde. Der Angeklagte habe "an ihrem T-Shirt herumgerissen" und "ihre Hände weg getan". Er habe ihn dann von ihr runter gezogen: "Sie hat's definitiv nicht wollen, was da passiert."

Zu der Szene im Gebüsch behauptete der 20-Jährige, er habe die Frau noch ein Mal küssen wollen, sei dabei gestolpert, mit ihr zu Sturz gekommen und eine Böschung hinabgekollert. Er sei zufällig auf ihr zu liegen gekommen. Die vorsitzende Richterin bezeichnete diese Verantwortung in der Urteilsbegründung als "Märchen". Für die von der Staatsanwaltschaft angenommene versuchte Vergewaltigung gebe es aber keinen eindeutigen Beweis, meinte Zwangsleitner unter Verweis auf die - nicht für die Öffentlichkeit bestimmten - Angaben der Studentin.

Der Prozess im Oktober 2017 am Wiener Straflandesgericht musste wiederholt werden. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte einer Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge gegeben, die das erstinstanzliche Urteil bekämpft hatte. Demnach sei das Urteil, wonach der Fall nicht als versuchte Vergewaltigung, sondern als geschlechtliche Nötigung qualifiziert worden war, "aktenwidrig" gewesen.

(APA)

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