US-Notenbank wirft noch einmal die Geldpresse an

(c) AP (MARTIN MEISSNER)
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US-Konjunkturprobleme treiben den Goldpreis in die Höhe, Euro-Anleger haben aber wenig davon. Die amerikanische Notenbank hat die Leitzinsen Dienstagabend nahe null belassen.

Wien (ju/ag). Die amerikanische Notenbank hat die Leitzinsen Dienstagabend nahe null belassen. Das war die gute Nachricht für die Börsen, die in den ersten Minuten nach der Entscheidung auch mit einem Kursfeuerwerk reagierten.

Aber sie hat in ihren Nebenbemerkungen durchklingen lassen, dass es der US-Wirtschaft doch deutlich schlechter geht, als bisher angenommen wurde. Und dass eine Deflation – also ein Preisrückgang auf breiter Front mit schlimmen Folgen für die Wirtschaft – durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Das war die schlechte Nachricht, die das Kursfeuerwerk gleich wieder in sich zusammensacken und die Aktienkurse am Mittwoch in Europa auf Talfahrt gehen ließ. Zumal die Gegenmaßnahmen der Fed – das neuerliche Anwerfen der Notenpresse – nicht sofort ergriffen, sondern aufgeschoben wurden. Die amerikanischen Notenbanker wollen offenbar erst reagieren, wenn sich die Inflationsrate noch einmal abschwächt.

Geschehen wird dies, wie gehabt, durch den direkten Ankauf von Anleihen durch die Notenbank. Das kann, wie die Fed andeutete, durchaus sehr große Volumina betreffen. Dass sie dazu Willens ist, hat sie in den vergangenen Jahren bewiesen: Da wurde ein endgültiger Absturz verhindert, indem die Notenbank mehr als 1700 Mrd. Dollar in den Markt pumpte. 1400 Mrd. über den direkten Ankauf von hypothekenbesicherten Wertpapieren und 300 Mrd. Dollar über den direkten Ankauf von Staatsanleihen. Letzteres gilt als „Notenpresse pur“.

Das hat aber offenbar noch nicht gereicht, um die Konjunktur so zu stabilisieren, dass sie ohne Notenbankhilfe ins Laufen kommt. Experten rechnen in den nächsten Monaten mit heftigen Anleihenaufkäufen (die schon nach der nächsten Fed-Sitzung Anfang November beginnen könnten) und mit einer Verlängerung der Niedrigst-Zinsenpolitik bis ins Jahr 2012 hinein.

Der unverhohlene Hinweis, dass die US-Wirtschaft noch nicht über den Berg ist und ein Abkippen in eine neuerliche Rezession nicht ausgeschlossen werden kann (auch wenn das derzeit ziemlich unwahrscheinlich ist), hat auf den Märkten zu Teils heftigen Reaktionen geführt. Der Wunsch nach Sicherheit ließ beispielsweise den Goldpreis auf bis zu 1295 Dollar klettern.

Gold und Euro steigen stark

Dass Gold bereits an der 1300 Dollar-Schwelle kratzt, hilft europäischen Anlegern aber herzlich wenig: Der Kurs des Euro zum Dollar steigt nämlich noch wesentlich schneller, wodurch Gold für Euro-Anleger in den vergangenen Tagen sogar billiger geworden ist.

Der starke Anstieg des Euro-Kurses scheint ein wenig verwunderlich, weil ja nicht nur die Amerikaner Probleme haben: Irland steuert immer rasanter auf eine Staatspleite à la Griechenland zu, und Portugal zeigt derzeit auch Schwächezeichen. Das interessiert die Anleger derzeit aber offenbar nicht.

AUF EINEN BLICK

Die US-Notenbank Fed fürchtet ein Abgleiten in eine Deflations-Phase und will das mit dem weiteren Fluten der Märkte mit Liquidität verhindern. Die Ankündigung hat zu einer massiven Flucht der Anleger in Gold geführt, dessen Preis bereits an der 1300-Dollar-Schwelle kratzt. Der Euro-Kurs steigt freilich noch schneller.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2010)

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