Vor Leitzins-Entscheidung: US-Notenbank in der Zwickmühle

(c) AP (J. Scott Applewhite)
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Anleger und Händler warten auf das zinspolitische Zeichen der US-Notenbank Fed. Die Entscheidung ist so spannend wie schon lange nicht.

Keine einfachen Zeiten für Ben Bernanke, den Chef der US-Notenbank Fed. Mit Spannung warten die Händler auf die für Dienstag (20:15 Uhr) angekündigte Zinsentscheidung der US-Notenbank. Der Notenbank-Chef steckt dabei in der Zwickmühle. Einerseits gilt es ein Übergreifen der Hypothekenkrise auf die Realwirtschaft mit einem klaren Zinssignal zu verhindern, andererseits soll es nicht Ziel sein, unvorsichtige Investoren vor Verlusten zu schützen.

Erwartet wird, dass die Fed den Schlüsselzins um 25 Basispunkte auf 5,0 Prozent senken wird. Eine Zinssenkung wäre ein Signal, dass die Fed versucht, eine Ausbreitung der Kreditkrise auf die Gesamtwirtschaft zu verhindern. Der Markt hat eine entsprechende Senkung bereits eingepreist, wie man anhand der am Geldmarkt gehandelten Zinsfutures erkennen kann. Die Fed würde mit diesem Schritt also nur den Erwartungen des Markts entsprechen.

Manche Experten setzen aber darauf, dass die Fed die Zinsen noch kräftiger um 50 Basispunkte senkt. Der ehemalige Notenbankchef Alan Greenspan warnt allerdings davor, die Zinsen in der weltgrößten Volkswirtschaft in Anbetracht der Krise zu aggressiv zu senken. Ein Zinsschritt von 50 Basispunkten könnte als Eingeständnis gewertet werden, dass die Situation viel schlimmer als angenommen ist.

Vor der aktuellen Zinsentscheidung hatte die Notenbank den Leitzins seit Juni 2004 in 17 Schritten auf das derzeitige Niveau angehoben.

Überraschungs-Coup?

Bisher hatte Bernanke wiederholt klargestellt, dass es nicht die Aufgabe der Fed sei, Investoren und Banken zu retten, die sich bei riskanten Geschäften verspekuliert hätten. Einige Experten rechnen daher mit einem Überraschungscoup der Fed. Anstatt den Zielsatz für Tagesgeld ins Visier zu nehmen, könnten die Notenbanker auch ein weiteres Mal den Diskontsatz reduzieren, zu dem sich Banken bei der Fed direkt mit Geld versorgen können. "Wenn die Fed den Diskontsatz reduziert, schießt sie genau da Geld zu, wo es benötigt wird", sagt Richard Bove, Bankanalyst bei Punk Ziegel & Co laut Nachrichtenagentur Reuters.

Bereits Mitte August hatte die Fed inmitten der Kreditkrise diesen weniger wichtigen Zins um einen halben Prozentpunkt auf 5,75 Prozent gesenkt, um Liquiditätsengpässe der Finanzinstitute zu verhindern.

"Seht zu, wie ihr mit Verlusten umgeht"

Kommt es tatsächlich zu keiner Zinsänderung, hieße das für Investoren, dass die Fed die Lösung ihrer Probleme den Marktteilnehmern überlässt - nach dem Motto: Ihr hattet die Gewinne in der Vergangenheit, nun seht mal zu, wie ihr mit den Verlusten umgeht, urteilt "Die Zeit".

Wenn die Fed die Zinsen aber senkt und weitere Zinssenkungen in Aussicht stellt, dürfte dies den US-Dollar weiter schwächen. Der Inflationsdruck, der aufgrund des hohen Ölpreises sowieso schon gestiegen ist, würde sich weiter erhöhen. Die US-Notenbank steckt im Dilemma.

Greenspans Altlasten

Viele sehen in den geldpolitischen Entscheidungen von Bernankes Vorgänger Greenspan die eigentliche Ursache für die aktuellen Probleme. Als die Internetblase platzte und die Terroranschläge auf das World Trade Center folgten, fürchtete Greenspan eine Deflation. Er senkte daher im Juni 2003 den Leitzins auf ein Prozent ab. Die Folge: Hypotheken wurden günstiger, der US-Häusermarkt boomte. Die Banken entdeckten den Subprime-Sektor mit zweitklassigen Immobilienkrediten. (phu)

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