Teurer Treibstoff: "Für Pendler existenzbedrohend"

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Je höher die Spritpreise, desto mehr Lösungsvorschläge - in der öffentlichen Diskussion ist jetzt guter Rat teuer. Experten halten bereits einen Ölpreis von 400 Dollar für möglich.

Angesichts rasant steigender Treibstoffpreise an den Tankstellen in ganz Österreich ist eine breite öffentliche Diskussion entbrannt. Während vor allem Politiker der FPÖ und der BZÖ sich publikumswirksam für eine massive Absenkung der Spritpreise und der Mineralölsteuer stark machen, fordern Grüne die Förderung öffentlicher Verkehrsmittel. Die Regierungsparteien diskutieren über eine Anhebung der Pendlerpauschale und des Kilometergeldes.

Der Verkehrsclub ÖAMTC setzt unterdessen auf Aktionen und macht gegen die Teuerungen mobil - mit einer Unterschriftenaktion, die den Protest gegen den "Spritpreis-Wahnsinn" zum Ausdruck bringen soll. Auch der ARBÖ sammelt Unterschriften - in fünf Tagen hätten sich bereits 40.000 Menschen eingetragen, teilt der Club mit.

1.082 Euro mehr zwischen Krems und Wien


Nicht nur diese Zahlen sprechen für die Brisanz des Themas für tausende Bewohner des Landes. Wie stark die Anhebungen die Pendler treffen, lässt sich leicht ausrechnen. Einige Beispiele: Wer mit einem Dieselfahrzeug regelmäßig auf der Strecke Krems - Wien unterwegs ist, zahlt während des gesamten Jahres schon 1.082 Euro mehr als im vergangenen Jahr. Für die Strecke Fürstenfeld - Graz ergibt sich eine Mehrbelastung von 788 Euro. Und auch auf der Pendlerroute Freistadt - Linz fallen jährlich 588 Euro Mehrkosten an.



"Viele Menschen fühlen sich in ihrer Existenz bedroht", konstatiert ÖAMTC-Verkehrswirtschaftsexpertin Elisabeth Brandau. Der Club addierte die Einnahmen aus der Mineralölsteuer, der Mehrwertsteuer und den Dividenden des OMV. Insgesamt seien es Einnahmen von 5,7 Milliarden Euro, die dem Staatsbudget zugute kämen, rechnet der ÖAMTC vor und fordert niedrigere Steuern, Preissenkungen und eine Änderung der Steuerpauschale.

LH-Konferenz geplant


Auch Politiker von FPÖ und BZÖ plädieren für Schritte in diese Richtung. Bereits vergangene Woche preschte Jörg Haider mit seiner Forderung vor, eine außerordentliche Konferenz der Landeshauptleute einzuberufen. Auf der Konferenz sollte dann ein amtlicher Preisstopp sowie eine Senkung der Steuern erreicht werden.

Allerdings sind nach Meinung von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (VP) die rechtlichen Voraussetzungen für einen gesetzlichen Preisstopp nach dem Preisgesetz überhaupt nicht gegeben. Der Minister könne nur auf Antrag der Preiskommission tätig werden. Das sei auch möglich, wenn die österreichischen Preise über dem internationalen Durchschnitt lägen. Beide Voraussetzungen lägen aber nicht vor. Das zeige auch der Treibstoffpreis-Monitor der EU-Kommission.

SPÖ will die Pendlerpauschale anheben


Für den Tiroler SP-Chef Hannes Gschwentner ist diese Konferenz nichts als eine "Nebelbombe" und ein Ablenkungsmanöver.

Stattdessen will die SP im Ministerrat eine Anhebung der Pendlerpauschale und des Kilometergeldes vorschlagen. Das kündigte SP-Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter am Dienstag in Innsbruck an. Gehe es nach der SPÖ, solle die Erhöhung mit 1. Juli dieses Jahres wirksam werden, erklärte Matznetter.

Im Ministerrat könne die ÖVP zeigen, ob ihr die Entlastung der Bevölkerung ein Anliegen sei oder ob sie nur auf plumpen Populismus setze, meinte Matznetter. "Mit der Gießkanne die Mineralölsteuer um ein paar Cent zu senken, bringt nämlich nur den Frächtern etwas und würde für Tirol zunehmenden Tanktourismus bedeuten."

Grüne: Der Armutsfalle Sprit entkommen


Eine ganz andere Richtung schlagen die Grünen vor. Anstatt sich noch weiter und noch enger an die "Ölpreis- und Armutsfalle" zu ketten, müsste vor allem der öffentliche Verkehr ausgebaut werden. Nach Schweizer Vorbild sollten die öffentlichen Verkehrsmittel in kürzeren Intervallen fahren und deutlich günstiger werden.

Zusätzlich fordern die Grünen eine steuerliche Entlastung von Niedrigverdienern, die am meisten unter den hohen Heiz- und Spritkosten litten.

Als Anreiz für den Umstieg zu den öffentlichen Verkehrsmitteln sollten Jahresnetzkarten steuerlich begünstigt werden. Dienstgeber, die ihren Mitarbeitern eine Jahreskarte geben, sollten die Kosten dafür als Betriebsausgabe absetzen können. Für Dienstnehmer sollte sie als Sachbezug lohn- und einkommensteuerfrei sein.

"Schon nächste Woche beschließen"


"Das könnten wir als kurzfristige Maßnahme schon in den nächsten Wochen beschließen", sagte der Budget- und Finanzsprecher der Grünen, Bruno Rossmann. Statt dessen seien für sie pro Jahr 10 Mio. Euro eingeplant, während für den Bahnausbau 1,6 Mrd. Euro vorgesehen seien.

Die Hälfte aller Autofahrten entfalle auf Wegstrecken bis zu fünf Kilometern Länge - "ein ungenutztes Potential sondergleichen", so die Verkehrssprecherin Gebraiela Moser.

Eine Erhöhung de Pendlerpauschale lehnen die Grünen ab, da sie die Leute weiter in die Öl-Abhängigkeit treibe. Auch eine Senkung der Mehrwertsteuer halten sie nicht für sinnvoll, da sie den Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zugutekommen würde."

Ölpreis - bald bei 400 Dollar ?


Die Forderung nach Ausbau öffentlicher Verkehrmittel könnte bald dringlicher werden denn je. Glaubt man den Energieexperten der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT), ist bald auch ein Ölpreis von 400 Dollar möglich.

"Die Situation ist ernster als die breite Öffentlichkeit glaubt", so Michael Cerveny nach den Analysen auf dem jährlichen Treffen der ÖGUT.

"Seit fast vier Jahren stagniert die weltweite Rohölförderung bei einer Tagesproduktion von rund 74 Millionen Barrel. Die Ölexporte aus den rasch wachsenden Ölstaaten seien seit 2005 sogar um rund drei Prozent geschrumpft."

"2015 fehlen 15 Prozent des Weltbedarfs"


Erst im April hat die Internationale Energieagentur gewarnt, dass im Jahr 2015 rund fünfzehn Prozent des Weltölbedarfs fehlen werden. Die Experten hielten bei ihrem Jahrestreffen in Bruck sogar eine Verdreifachung des Ölpreises im Lauf des nächsten Jahrzehnts für möglich - mit allen negativen Konsequenzen für die übrigen Energiepreise, Strom, aber auch Lebensmittel.

Auch die Experten der Internationalen Energieagentur verlangen einen Ausbau alternativer Energien.

(Ag./Red.)

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